Harley Days 2012

Hamburger "Harley Days"- Tausende Lärm-Maschinen lassen Millionenstadt erzittern

von Christian Fürst, nmms

 

Einmal im Jahr bebt die Hafenstadt unter zehntausenden Pferdestärken. Das tiefe Graulen der Maschinen, die wie ausgerissene Galopp-Hengste durch die Straßen der Innenstadt streunen, ist oft kilometerweit zu hören und sogar zu spüren. Doch es sind keine gewalttätigen Rocker oder Hells Angels, die plötzlich die Straßen unsicher machen: Einmal im Jahr lädt Hamburg die stolzen Besitzer der Kultmotorräder von Harley Davidson in die Hansestadt, wo sie - auf dem Gelände des Großmarktes Hammerbrook - ungestört und einmal ganz unter sich über ihre Leidenschaft reden und ihr Kultgefährt zwischendurch immer wieder mal donnern lassen können.

50 000 Besitzer der ungewöhnlichen Donnerbüchsen, die oft mehr kosten als eine Limousine der Luxusklasse, wurden zu den diesjährigen Harley Days erwartet. Am Ende waren es deutlich weniger. Und an der "Abschluss-Prozession" durch die Straßen Hamburgs nahmen am Sonntag ganze 200 Byker teil. Strömender Regen verschreckte die allermeisten Harley-Besitzer, die vermutlich um den Glitzerchrom ihrer Maschinen fürchteten.

 

 

"Harley" bedeutet Lebensgefühl.


 

Seit Peter Fonda mit Dennis Hopper in dem 1969 entstandenen Kultfilm "Easy Rider" über die US-amerikanischen Straßen rollte ("rasen" ist bei den eher langsamen Gefährten eher nicht angebracht) gelten die schweren Gefährte der über 100 Jahre alten US-Motorenschmiede als Exoten und Inbegriff der "Freiheit auf zwei Rädern" zugleich. Eine Freiheit freilich, die Bandidos oder Hells Angels in diesem Land seit fast schon Jahrzehnten missbraucht haben. Doch die Besucher der Hamburger "Harley Days" (nicht wenige kamen aus dem nahen Dänemark, andere wiederum waren aus Bayern angereist) waren sichtlich bemüht, den durch die diversen Rockerbanden entstandenen Image-Schaden für den "typischen" Harley-Byker zu korrigieren.  

 

 

"Natürlich darf man auch unter 60 Harley fahren, aber dann fehlt einem eventuell die nötige Reife...."

 

Der Club der alten Männer (und Frauen)....  ?

Eines der Vorurteile, die beim Besuch der Harley Days aufkommen könnten, wurde von den meisten Teilnehmern auf Anfrage auch sofort bestätigt: "Darf man überhaupt eine Harley fahren, wenn man unter 60 Jahre alt ist" fragte ich diverse Besitzer, und alle antworteten lachend: "Eigentlich schon, aber dann fehlt denen halt die nötige Reife!!!"

Tatsächlich lag der Altersdurchschnitt bei dem Hamburger Festival sicher deutlich über 50 Jahren. Un die meisten der Fahrer trugen "Uniform": die charackteristischen Leder-Overalls mit allen möglichen "Harley"-Aufschriften und dazu natürlich die typische Langhaarfrisur, hinten zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden. Nicht wenige Fahrer bewiesen, dass ein Pferdeschwanz selbst mit Glatze machbar ist.

 

Altersdurchschnitt über 50: Der typische Harley-Byker

"Für Frauenhände viel zu schwer??" manche Harleys sind wahre Ungetüme

 

 

Hamburger tolerieren die Krachmacher

Tausende kamen an den drei Harley Days, um die Motorrad-Exoten auf zwei Beinen und zwei Rädern zu bestaunen

Auch solche Harleys findet man bei den Harley Days

Der Lärm und der Gestank, den die zahllosen Maschinen an dem Harley-Wochenende in der Hansestadt verbreiten ist im Sinne des Wortes atemberaubend und ohrenbetäubend. Wenn die Byker - mehr liegend als sitzend - auf ihren blubbernden und donnernden Fahrzeugen in mehr oder weniger großen Rudeln durch die Stadt fahren, um sich den vielen freiwilligen und unfreiwilligen Zuschauern und - hörern zu zeigen, dann vibriert die Luft. Je höher der Lärmpegel, umso glücklicher die modernen Gladiatoren!

Doch die meisten Hamburger nehmens hin, so wie sie auch das alljährliche Motorrad-Treffen hingenommen haben, das alljährlich mit einem Gottesdienst für zehntausende Byker vor dem Michel über sich ergehen lassen. Zwar verstopfen die bulligen Motorräder alljährlich stundenlang die wichtigste Ausfallstraße der Stadt. Doch dann, am Sonntagabend, ist der ganze Spuk vorbei. Der Geruch von verbranntem Öl ist verflogen und die Straßen werden wieder stiller. Viel Lärm um Nichts, könnte man meinen. Und die glücklichen Harley-Byker brausen zufrieden nach hause.

 

copyright Bild und Text Christian Fürst 2012