G-20 Gewalt schockt Hamburg
Das war der Gipfel: Gewaltexzesse zum Treffen der G-20 in Hamburg
von Christian Fürst, nmms
Die folgenschwerste Fehleinschätzung kam von Hamburgs Erstem Bürgermeister selbst. Die 1,8 Millionen Bürger, so Olaf Scholz, bräuchten sich vor dem Gipfel trotz aller Einschränkungen und möglicher Gewalt keine Sorgen zu machen, betonte der populäre Kommunalpolitiker vor dem Gipfeltreffen an der Elbe. G-20 werde (verkehrstechnisch) etwa so sein, wie der alljährliche Hafengeburtstag (das größte Volksfest in der Stadt). Olaf Scholz, dem Viele vor dem Gipfel eine führende Rolle in der Bundespolitik zutrauten, leistete sich damit eine grobe Fehleinschätzung, die seine weitere Karriere infrage stellen könnte.
Hamburg sah in den Tagen des G-20-Gipfels die schwersten Unruhen seiner Nachkriegsgeschichte. Und statt der Bilder von der wunderschönen, "weltoffenen Stadt", die Scholz so sehr erhofft hatte, stand die Elbmetropole drei Tage lang weltweit im Brennpunkt der internationalen Chaos-Berichterstattung. Der berüchtigte "Schwarze Block", aber auch zahlreiche Mitläufer oder Mittäter und insgesamt etwa 200 000 kritische bis ablehnende Demonstranten machten den Gipfel zu einem Exzess der Gewalt. Dabei blieb die Zahl der militanten Krawallmacher mit geschätzten 1500 noch deutlich unter den befürchteten 8000 Chaoten. Dem standen 21 000 Einsatzpolizisten gegenüber, die jedoch alle Hände auch mit dem Schutz der Gipfelteilnehmer aus insgesamt 35 Ländern zu tun hatten.
Schon einen Tag vor dem G-20-Auftakt kam es in einigen Stadtteilen zu anarchischen Szenen, als marodierende Gruppen zerstörungswütiger junger Männer durch die Straßen von Altona zogen und wahllos Autos anzündeten. In der Hauptgeschäftsstraße von Altona warfen sie Schaufensterscheiben ein und zerschlugen Mobiliar. Einige versuchten, das Kaufhaus von IKEA anzuzünden. Doch Polizei war nicht zu sehen. Auch auf Hamburgs Luxus-Wohnpromenade, der Elbchaussee, setzten die vermummten Männer Autos in Brand, zertrümmerten Bushaltestellen
Brennende Autos Die Straßen brannten
Extremisten zerschlagen Mobiliar und Geschäft Marodierende Extremisten in Altona (Video)
Anwohner in den schwer betroffenen Vierteln kritisieren, dass die Polizei-Einheiten die Horden von Gewalttätern unkontrolliert gewähren ließen. Doch die Polizisten rechtfertigen sich mit der Tatsache, dass die meisten von ihnen zum Schutz des Gipfeltreffens abkommandiert waren. Der Schutz der Gipfel-Politiker hatte eindeutig Vorrang vor dem Schutz der Bevölkerung.
Freitagmorgen nach einer chaotischen Nacht. Überall verbrannte Autos und zerborstenes Glas
So sieht der angebliche Kampf der Hooligans gegen den Kapitalismus aus. Die Opfer sollen entschädigt werden!
Die folgenden Bilder vom angerichteten Schaden in Altona stammen von Steffi Maurer, die das Chaos praktisch vor ihrer Haustür hautnah miterleben musste
High Noon am Hamburger Hafen
Die Saat der Gewalt ging bereits vor der Eröffnung des Gipfeltreffens auf. Auf dem Hamburger Fischmarkt versammelten sich am Donnerstagnachmittag Tausende G-20 Gegner zu einer Demonstration mit dem vielsagenden Namen "Welcome to Hell" (Willkommen in der Hölle). Es wurde ein zunächst freundliches Fest. Natürlich wurde der Kapitalismus, die Gewalt rechter Diktatoren in Lateinamerika, die Demokratie-Feindlichkeit Donald Trumps oder Tayyip Erdogan an den Pranger gestellt, doch Beobachter hatten nicht den Eindruck, dass diese Demonstranten, die oft mit Kind und Kegel zur Demo gekommen waren, gewalttätig werden könnten.
High Noon in der Hafenstraße. Die militanten Demonstranten haben eigene Sanitäter mitgebracht
Vermummungsverbote gelten nur für Demonstranten, offenbar aber nicht für die Polizei
Doch die Bereitschaftspolizei war mit einem riesigen Aufgebot angerückt, und als sich der Demonstrationszug sammelte, drängten sich bis zu 500, weitgehend vermummte "Schwarze" an die Spitze der Demonstration. Sie wurden von dem massiv und entschlossen auftretenden Polizeiaufgebot gestoppt und aufgefordert, die Masken abzunehmen. Als einige sich weigerten, griff die Polizei massiv ein. Wasserwerfer schossen ihren Strahl auf flüchtende Jugendliche. Polizisten schlugen auf die Radikalen ein, die zuvor keinen Zweifel an ihrer Gewaltbereitschaft gelassen hatten.Organisatoren warfen der Polizei später vor, voreilig und mit viel zu brutaler Gewalt gehandelt zu haben. Die Kundgebung war damit im Grunde schon beendet. Die friedlichen Teilnehmer konnten aber über andere Routen weiter ziehen. Dennoch bleibt die Kritik, die Sicherheitskräfte hätten in derHafenstraße überreagiert und damit die militanten Demonstranten provoziert. Einen Vorwurf, den die Polizeiführung energisch zurückwies. Der Rest ist bekannt. Hamburg erlebte die gewalttätigste Woche seit Jahrzehnten. Und der Schaden ist nicht nur materiell.
Kritische Stimmen und Rechtfertigungsreden des Innensenators (Quelle Abendblatt)
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