Hamburg wählt - Aber Wie!
Hamburger Bürgerschaftswahl: Ein Triumph für die SPD?
mit Bildern von Christian Fürst und Andreas Pawlouschek, nmms
Vor vier Jahren galt es als Sensation: Nach den von der regierenden CDU vorzeitig angesetzten Bürgerschaftswahlen standen Hamburgs Sozialdemokraten als überragender Sieger mit der absoluten Mehrheit fest. Doch was seinerzeit eher als "Ausrutscher" betrachtet wurde, könnte sich jetzt wiederholen. Wenige Tage vor der Wahl am 15. Februar halten Wahlforscher eine absolute Mehrheit für den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz und seine Partei erneut für möglich. Nach den jüngsten Umfragen steht Hamburgs SPD mit 47 Prozent sogar noch besser da, als unmittelbar vor der Wahl 2011. Doch vor allem die rechtspopulistische Protestpartei AfD könnte den Triumph des 56jährigen Juristen mit ihrem Einzug ins Feierabend-Parlament verhindern. In diesem Fall würden die "Roten" mit Hamburgs "Grünen" koalieren - sagt Scholz. Mit der ersten Hochrechnung wird am Sonntag gegen 1830 gerechnet.
Siegerpose: Bei der Abschlussveranstaltung strotze Scholz vor Selbstbewusstsein, und Hannelore Kraft applaudiert
Wahlkampf a la USA - Siegerpose II: Einzug der Gladiatoren - SPD-Chef Gabriel beim SPD-Wahlabschluss
Wahlkampf in gediegenem Schwarz: Das lieben die Hamburger - zumindest die, denen es gut geht
CDU ein Bild des Jammers
Es war so typisch für das traurige Bild, dass die CDU im laufenden Wahlkampf abgab. Da kündigte die Union Kanzlerin Merkel als Über-Mutti und Wahlhelferin zum Wahlkampf-Abschluss an, doch die CDU-Chefin musste ganz kurfristig nach Minsk reisen und absagen. Stattdessen kam "Uschi", Ursula von der Leyen. Und so war der gemietete Saal in einem Hamburger 5-Sterne-Hotel bestenfalls halb gefüllt, als die Unionsriege zum verzweifeten Halali auf den immens populären Scholz blies. Leider hatte die CDU, die vor Scholz immerhin zehn Jahre regiert hatte, in ihrem Programm sehr wenig Substanz zu bieten, und so wahlkämpfte der Mediziner Wersich mit Uralt-Parolen der Christdemokraten gegen die Roten. Wersichs Slogan: "Mehr Sicherheit und Sauberkeit" erinnerte eher an die Adenauer/Erhard-Epoche, als an das 21. Jahrhundert, und so erscheint es kaum verwunderlich, dass selbst die meisten Unternehmerverbände in Hamburg eine absolute Mehrheit der SPD wünschen.
"Muttis" Stellvertreterin, Ursula von der Leyen, mochte die CDU-Fans beim Abschlusstreffen nicht recht begeistern
Liegt in der Popularität weit hinter Scholz - Auf Wersich wartet das schlechteste CDU-Ergebnis seit 1945
Die Grünen als Koalitionspartner der SPD?
Sollten die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit nicht gewinnen, will Bürgermeister Scholz mit Hamburgs Grünen über eine Koalition verhandeln. Die Partei um die Spitzenkandidaten/In Jens Kerstan und Katharina Fegebank haben sich im zuende gehenden Wahlkampf klar als "die" Umweltpartei profiliert. Verhandlungen mit der FDP, die in Hamburg den Wiedereinzug ins Parlament gegen den bundesweiten Trend schaffen könnte, lehnt Scholz ab.
Jens Kerstan (l) und Katharina Fegebank (r) unterstützt von Grünen-Promi Claudia Roth beim Wahlkampfabschluss
Rückbesinnung auf alte Umwelt-Zeiten: Grünen-Wahlwerbung in Hamburg
Wenig originelle Wahlwerbung
Bei der Wahlwerbung bewiesen die Parteien im Wahlkampf 2015 wenig Originalität. Fast schon komisch wirkten die Plakate, die den CDU-Kandidaten Wersich zeigten, der "Mehr Sicherheit und Sauberkeit" für Hamburg forderte. Clever dagegen die regierenden Sozialdemokraten, die ihren Spitzenkandidaten im perfekt sitzenden schwarzen Anzug so fotografierten, dass man nur die untere Gesichtshälfte sah. Die ersten Plakate forderten - ohne die Partei zu nennen: "Hamburg weiter vorn" - Doch Bürgermeister Scholz ist inzwischen Markenzeichen genug, um von jedem Hamburger sofort erkannt zu werden. Im zweiten Teil der Kampagne schaute Scholz dann komplett von den Plakatwänden.
Den Preis für die originellsten Plakate würde nmms vermutlich den Piraten zusprechen.
Sie haben keine Chance, in die Bürgerschaft einzuziehen: Hamburgs Piraten mit ihrer einprägsamen Kampagne
Während SPD und CDU die FDP als Spaßpartei abtun punktet deren Hamburger Spitzenkandidatin Katja Suding mit ihren Fernseh-bekennten langen Beinen und Forderungen nach "Freiheit". Die Grünen-Frau Katharina Fegebank, "eine norddeutsche Deern", wie sie selbst bekennt, will umweltpolitisches Korrektiv zur SPD sein
Hamburgs Linke, die den SPD-Chef wegen seiner Beteiligung an der Agenda 2010 boykottiert, hat kein Interesse an einer Koalition. Ob die von Plakat-Schändungen stark betroffene AfD in die Bürgerschaft einzieht, entscheidet letztlich über die absolute Mehrheit für die SPD.
Die vielleicht langweiligste Kampagne führten die Christdemokraten, deren Spitzenkandidat Wersich gegen den beliebten Scholz auf verlorenem Posten stand. Er zahlt noch immer für die zum Teil gravierenden Versäumnisse der letzten CDU-Regierung von Ole von Beust. Gibt es in Hamburg am Ende "bayerische Verhältnisse" mit umgekehrten Vorzeichen?
Das Ergebnis der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft 2011 384.502 Stimmen 229.125 Stimmen 220.428 Stimmen
Partei
Stimmen
Stimmanteil
Sitze
SPD
1.667.804 Stimmen
48,4 Prozent
62 Sitze
CDU
753.805 Stimmen
21,9 Prozent
28 Sitze
GRÜNE/GAL
11,2 Prozent
14 Sitze
FDP
6,7 Prozent
9 Sitze
DIE LINKE
6,4 Prozent
8 Sitze