Dresscode - Lichtinstallation mit Slip und BH

"Dresscode" - Mit Lichtslip und -BH feiert Levantehaus 100-Jähriges

von Christian Fürst, nmms

 

Der weihnachtliche Verkaufsrummel ist gerade erst vorbei, da leuchtet es schon wieder in Hamburgs lebendigster Einkaufstraße. Seit Montagabend (14. Januar) strahlt eine Installation des in Hamburg geborenen und in Peking lebenden Künstlers Tobias Zaft auf die Passanten der Mönkebergstraße herab. Aus Acryl geformte, überdimensionierte, weiße Unterwäsche und ein paar Rote Socken sind es, die - von LEDs illuminiert - bis zum 28. Februar in Form von LED-beleuchteten Wäschestücken die Besucher der Straße zum Nachdenken anregen sollen. Dass die (Kabel führende) "Wäscheleine" auf der einen Seite am berühmten Hamburger Kontorhaus "Levantehaus" befestigt ist, ist natürlich kein Zufall. Die Aktion, die auch von der Kulturbehörde der Hansestadt unterstützt wird, wurde anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Levante-Hauses initiiert, eines Hauses, dessen Besitzerfamilie sich stets der Kulturförderung verpflichtet fühlte.

Weiße Wäsche mit roten Socken: Wieviel "Privates" darf oder sollte der Mensch in die Öffentlichkeit tragen? Die Lichtinstallation von Tobias Zaft, die seit Montag die Hamburger Mönkebergstraße illuminiert, soll zum Nachdenken über diese Problematik anregen. Die "Roten Socken" sollen dabei weniger an die berüchtigte Wahlkampagne des polit-militanten CDU-Pastors Peter Hinze erinnern. Vor allem in Zafts Gastland China haben rote Socken eine ganz besondere und weniger anrüchige Symbolik.

  

Der Aufbau der im Auftrag Zafts in Hamburg gebauten Acryl-Elemente gestaltete sich in der Nacht zum Montag erheblich schwieriger als gedacht. Stundenlang standen die Techniker bei eisigen Temperaturen auf dem leicht schaukelnden Arm des Hebekrans. Erst gegen 07.00 Uhr Morgens konnte die erste Test-Beleuchtung starten. Die Installation soll nun insgesamt sechs Wochen Tag und Nacht illuminiert bleiben.

 

Mehr als Sechs Monate Vorarbeit  - Kulturinstanz Levantehaus

Die Montage der Wäscheleine in der Nacht vor der Einweihung der Installation dauerte - bei strammem Dauerfost - nahezu zehn Stunden

 

Ursprünglich wollte Zaft die Installation in der sich ständig wandelnden chinesischen Hauptstadt Beijing zwischen zwei "Twin-Tower"-Hochhäusern in 100 Metern Höhe hängen. Doch dann kam der Auftrag aus Hamburg. "Hier in Hamburg, oder überhaupt in Deutschland ist das öffentliche Zurschaustellen von Wäsche an einer Leine ja nicht üblich", sagt der Künstler, "anders als etwa im Süden Europas. Ich hätte es gern, wenn die Leute durch die Installation darüber nachdenken, wie Privat die Öffentlichkeit sein darf und sollte", betont er vor Journalisten. 

 

 

Ob die Passanten die Installation als das Erkennen, was sie nach den Vorstellungen ihres Erdenkers sein soll, wird man sehen. Nur wenige zeigten überhaupt eine Reaktion, als die Akryl-Wäsche Zafts auf die Sekunde pünktlich um 19.00 an der symbolischen Wäscheleine erstrahlte. Und die meisten Fußgänger dürften hinter den daran aufgehängten Kleidungsstücken einen Hinweis auf das sehen, was man in der Hamburger Mönkebergstraße bevorzugt kauft: Textilien aller Art und überwiegend für Frauen. 

 

 

Deutlich sichtbar für alle Passanten: Die Wäsche-Installation von Tobias Zaft

 

Die Skepsis ob der Wirkung des Kunstwerks soll jedoch nicht die Rolle schmälern, die das Hamburger Levante-Haus in den vergangenen Hundert Jahren spielte. So trat die Familie - wie viele Hamburger Kaufmannsfamilien - stets als Sponsor der Künste auf. Künstler waren hier stets willkommen, Hunderte Ausstellungen wurden hier veranstaltet, und der Innenraum des Bauwerks birgt eine der schönsten Passagen nicht nur in der Hansestadt. Sie ist inzwischen sicher auch schon Bestandteil der Erkundungstouren moderner Städtereisender. Da spielt es dann doch eigentlich auch keine große Rolle, wenn die Lichtinstallation des 31-jährigen Zafts am Ende vielleicht doch auch ein bisschen Werbung macht, für das Levante-Haus und die dort angesiedleten gepflegten Geschäfte. Denn ein Besuch lohnt allemal. 

 

Tobias Zaft bei der Vorstellung seiner Arbeit im Dienstagabend im Levantehaus

 

Wie sagte doch der Leiter des Levante-Center-Managements, Dietmar Hamm, bei der Erläuterung des Projekts: "Mit einzigartigem Charme und herausragender Architektur verbindet das Levantehaus Nostalgie und Modernität.  Einkaufen und Kultur."

Einkaufskultur halt. Und darum gehts doch letztlich in Hamburgs Shopping-Meile Mönkebergstraße, oder?

 

Um das zu demonstrieren, wird CF in den nächsten Tagen einmal das Levantehaus von Innen und Außen fotografieren und die Bilder hier zeigen.

 

copyright aller Texte und Bilder dieses Features Christian Fürst, 2013