Hamburger Frühlingserwachen

Wintergewalt überwältigt Frühlingstriebe...?

von Christian Fürst, nmms

In Hamburg heißt es immer: "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung!" - Das ist für Hamburger fast schon überlebenswichtig, denn in Norddeutschland, wo die Winter besonders dunkel sind, herrscht ziemlich oft "Schiet-Wetter", und ohne den anerzogenen Optimismus lässt sichs hier - vor allem im endlosen Winter - nur schwer aushalten.

 

Erst vor wenigen Tagen: Ein bunter Osterstrauß vor einem Lokal - Drei Tage später: Ein bunter Strauß vor dem selben Lokal

 

Auch jetzt wieder: "Fast" war der Frühling schon in der Hansestadt eingetroffen. Zwei Tage lang schien in der 1. Märzwoche bereits die Sonne. Die echten Hamburger strahlten, und selbst die Entendamen auf "unserem" benachbarten Isebek-Kanal quakten bereits leidenschaftlich auf der Suche nach einem geeigneten Erpel. Doch seither ist der Winter in seiner übelsten Form in die Elbmetropole zurückgekehrt. Knapp zwei Wochen nach Beginn des meteorologischen Frühlings sanken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt, die Schneeglöcken (siehe Fotos unten) zuckten zusammen, und der Wettergott (wer redet heute noch von Petrus???) machte die Schleusen auf und ließ es schneien, als gelte es, den Alpen konkurrenz zu machen.  

 

Blick aus unserem Vorgarten auf die Hamburger Hochbahn

Mehr als 25 Zentimeter schneite es innerhalb von 3 Tagen. Für Hamburg eine ungeheure Rekord-Menge, die sich da wie dicke Daunen-Federbetten über Landschaft und städtische Blechlandschaften legte. Und doch scheint das alles die echten Hamburger wenig zu berühren. Die Vögel zwitschern in den Bäumen, als gäb es für sie kein Futterproblem, die streunenden Hauskatzen bleiben einfach zuhause, und den Hunden macht der Schnee sowieso meist Spaß.

 

  

Schnee wird schnell Matsch im Hafen

Am Hamburger Hafen war von diesen Schneemassen wenig zu sehen. Die Elbe wirkt hier fast wie eine Heizung, und so bleibt schon nach kurzer Zeit nur wenig übrig von der ehemals weißen Pracht. Doch für die Hafentouristik ist das schlechte Wetter nicht unbedingt günstig, und die paar Touristen, die sich auf die Landungsbrücken verirrten, konnten sich vor den Lockrufen der professionellen Hafenrundfahrer  kaum retten.

Für mehr reichte der Schnee am Hafen zunächst nicht: Immerhin war das Schneemann/frau doch ziemlich gelungen, oder?

 

Wenige Probleme mit dem Wetter hatten die Hamburger Hafenfähren und die zahllosen Möwen, die Schlimmeres gewohnt sind. Sie kommen selbst dann noch zurecht, wenn das Hafenbecken dick zugefroren ist und nur mit Hilfe von Eisbrechern befahrbar ist. Am Sonntag vor dem großen Schneefall aber jagten sich die Möwen fast spielerisch zum Zeitverteib, oder vertraten sich (siehe Foto) die Beine....

 

 Manchmal frage ich mich, warum Möwen überhaupt zwei Beine haben? Sie sind ausgewiesene Flugkünstler, und wenns richtig kalt ist, stehen sie sicher auf einem Bein

 

 

 

 Wintereinbruch: Der Spaßverderber

Insgesamt betätigte sich der Weiße Riese als unzeitgemäßer Spaßverderber. Zumindest in den ersten Tagen wagten sich Eltern mit Ihren Kindern kaum vor die Tür. "Wir hatten uns schon ganz auf Frühling eingestellt", meinte eine junge Mutter, die im riesigen Hamburger Stadtpark bei dichtem Schneetreiben einen Schlitten samt Sprössling hinter sich her schleppte. Und die lieben Kleinen in den dicken, wattierten Schneeklamotten quängelten ganz ordentlich. Bei einer Sicht von weniger als 20 Metern macht das Rodeln einfach keinen Spaß. Innerhalb weniger Minuten glichen sie ihren hand-gerollten Schneemännern und -Frauen.

Und dennoch: Die weiße Pracht verleiht der Landschaft eben ihren eigenen Reiz, auch - oder gerade - wenn die Sicht schlecht wird und Bäume und Häuser im Nebel des Schneetreibens verschwinden.

 


 

 "Frühlingserwachen"? Eine Verhöhnung der Hamburger Floristen und Gärtner, die schon alles für das Frühjahrs-Gartengeschäft vor ihren Geschäften sortiert hatten.

Doch nicht nur den Kindern wurde zunächst ordentlich der Spaß verdorben. Hamburgs Floristen mussten schnell umdisponieren und ihre Frühlingspflanzen zurück in die Gewächshäuser bringen. Schuhläden blieben auf ihrer Frühlingskollektion (zumindest) vorläufig) sitzen. Menschen mit Gehbehinderungen und Alte bleiben angesichts spiegelglatter Gehsteige am besten zuhause. Und die, die laufen konnten, bewegen sich im beschleunigten Eilschritt, als wollten sie dem Wetter auf diese Weise entkommen.

 

Hamburgs Isebek-Kanal - Unser Haus-Kanal um die Ecke - gewinnt im Schnee seinen eigenen Zauber. Im Hintergrund das Theaterschiff

 Die Sicht war deutlich schlechter, als es hier den Anschein hat. Aber, wie heißt es hier so schön: Es gibt kein schlechtes Wetter - nur falsche Kleidung!

 

 Im Stadtpark: Märchenlandschaft und Co.

 

Ski und Rodel waren nicht gut im Hamburger Stadtpark. Das Schneetreiben war zum Teil so dicht, dass man sich schon einmal auf dem riesigen Gelände verirren konnte. Und so wunderte es nicht, dass sich nur eine handvoll Familien mit Schlitten auf die Wiesen wagten und sich mühten, die flachen Schlitten durch oft 30 Zentimeter tiefen Neuschnee zu ziehen.  Zwischendurch verirrten sich ein paar Jogger im Park. An Schneeräumung ist hier nicht zu denken.

 

  

 

 

Alle Texte und Bilder copyright Christian Fürst, 2013