Trabrennen - Grand Prix von Deutschland

Moderne Gladiatoren: Grand Prix auf der Hamburger Trabrennbahn

von Christian Fürst, nmms

 

 

Die Gladiatoren von Heute haben kaum Ähnlichkeit mit ihren antiken Vorfahren. Sie tragen praktische Sturzhelme statt der gold-glitzernden Kopfbedeckung der Helden römischer Arenen, und statt des Schwertes schwingen die modernen Wagenlenker eine Peitsche, um damit nicht etwa die Gegner zu prügeln, sondern die Pferde anzutreiben. Ihre Augen schützen Trabrennfahrer mit großen Brillen gegen den lockeren Sand, der während eines Rennens aufgewirbelt wird. Mit diesen, Taucherbrillen ähnelnden Augenschützern sehen die Trabrennfahrer bieder aus wie kleine Beamte. Und auch die Wagen, auf denen sich die Helden des am vergangenen Wochenende (12.-14. Oktober) rund um die Trabrennbahn Bahrenfeld in Höchstgeschwindigkeit ziehen ließen, haben nichts mehr gemein mit den massiven Kisten eines Ben Hur oder anderer antiker Helden. Der "Sulky" ist heute ein extrem leichtes Gefährt, das selbst bei höchstem Tempo nahezu geräuschlos über die Sandpiste der Trabrennbahn gleitet. Am vergangenen Wochenende trafen sich Europas beste Traber, um den "Großen preis von Deutschland" herauszufahren. Und es gab viele Überraschungen!

 

"Eher trocknet die Alster aus, als dass er hier verliert!!"

So hieß es im Programmheft zum großen Hamburger Traberwochenende. Nur "zur Sicherheit" fügten die Programmschreiber hinzu: "... wenn nichts passiert". "Brad de Veluwe" mit dem Finnen Tuomas Korvenoja im Sulky, galt vor dem Rennen als unschlagbar und haushoher Favorit. Die Wettbüros wollten für 10 Euro Einsatz gerade mal 10 Euro auszahlen!!! Und tatsächlich sah das Gespann bis 200 Meter vor dem schwarz-weiß-karierten Ziel wie der absolut sichere Sieger aus. Doch dann stürmte der in diesem Jahr noch sieglose "On Track Piraten", ein vierjähriger, in Schweden gezogener Wallach, heran und ließ das 2012 noch unbesiegte Gespann förmlich stehen. Die für solche Überraschungen bekannte Trabrennbahn in Bahrenfeld hatte wieder mal ein prominentes Opfer gefordert, und der Siegfahrer Joseph Verbeek jubelte wie dereinst wohl die siegreichen antiken Wagenlenker.

   

 So sehen Überraschungssieger aus: Wer auf den Sieg des Außenseiters getippt hatte, erhielt 250 Euro für 10

 

 

Wettrennen der Muskelprotze

Natürlich gibt es viele Kritiker des Pferdesports. Besonders Trabrennen, so heißt es immer wieder, seien "unnatürlich". Die Gangart sei Pferden einfach fremd. Deshalb werden Traber auch speziell auf die Fähigkeit gezüchtet, mit höchster Geschwindigkeit in dieser ihnen fremden, gestreckten Beinhaltung zu rasen. Im Vergleich zu Galoppern sind die Traber fast geräuschlos. Ihre Bewegungen sind elegant und man sieht den Tieren mit ihren fliegenden Mähnen die enorme Anstrengung zunächst kaum an. Doch die meisten Rennpferde glänzen schon während der Rennen vom triefenden Schweiß und nach dem Zieldurchlauf atmen sie sehr schnell und wirken erschöpft, wie man auf manchem Bild meiner Serie erkennen kann. Die meisten Tiere brauchen Scheuklappen, damit sie nicht durch ihre vierbeinigen Mitbewerber irritiert werden. Bei vielen sind außerdem die Gelenke massiv bandagiert, um Verletzungen durch die Art ihrer Bewegung zu vermeiden. Nacken und Rückenmuskulatur werden unnatürlich hoch beansprucht und sind verletzungsanfällig.

Und: Traber MÜSSEN Traben. Fallen sie in den natürlichen Galopp zurück, droht die Disqualifikation. 


Durchtrainiert und Muskel-bepackt wie ihre zweibeinigen Sprinterkollegen. Das Muskelspiel der Pferde während des Rennens fasziniert

 

Favoritensieg im knappsten Rennen um den Hamburg Preis

 Im Mittelpunkt des Rennwochenendes von Bahrenfeld stand zweifellos der "Große Preis von Deutschland", der mit 200 000 Euro dotiert war. Doch kaum weniger spannend verlief der "Große Preis von hamburg", der das knappste Ergebnis brachte. Erst auf den letzten 100 Metern konnte sich die Nummer 6 "Punchy" als Favorit gegen die Nummer 7 durchsetzen. Ein Ergebnis ganz nach dem Gusto der Zuschauer.

 

Nur eine Halslänge vorn. Knapper Favoritensieg im Fotofinish.

Nummer 10, gesteuert von der einzigen Rennfahrerin des Feldes, Barbara Motte, wurde disqualifiziert. Sie behinderte eine anderes Gespann

 

 

Trabrennen: Die Formel I des "Kleinen Mannes"?

 6000 Zuschauer kamen, um die Traber auf der Rennbahn zu sehen - und natürlich, um zu wetten

 

Ein kleines Vergnügen: Der "Stelzenmann" bindet kleine Luftballon-Pferde für wenig Geld

 

Hamburg bezeichnet sich selbst - in hanseatischen "Bescheidenheit" - als "Deutsche Pferde-Hauptstadt". Immerhin besitzt die Elbmetropole mit der Galopprennbahn in Horn, dem Springderby-Parcour in Klein-Flotbek und der Trabrennbahn Bahrenfeld gleich drei  Wettkampfstätten für den Pferdesport. Und jede hat ihr eigenes Publikum. Bei den Trabern in Bahrenfeld, das gerade in den vergangenen Jahren ein dauerndes Auf und Ab erlebte, ist der Magnet für Hamburgs Arbeiterschaft und den "Kleinen Mann". Das sieht man schon bei der Einfahrt zum großen Parkplatz, wo Luxuskarossen oder die in Horn allgegenwärtigen SUVs eher selten sind. Junge Familien mit Kindern und Rentner mit kleinem Portemonaie bevölkern das Gelände. Trabrennen sind auch in Hamburg ein "Stiefkind" und die Stadt, in der Wohnungen teuer und rar sind -  droht, die Bahn zu schließen und auf dem Gelände 6000 Wohnungen zu bauen.   

Faszination Trabrennen?

 

 Für "gewöhnliche" Pferde eine unnatürliche Bewegung: Der Trab. Dennoch wirken die bis zu 60 Kilometer schnellen Rennpferde äußerst elegant

Im Gegensatz zu den Galopprennen, wo die Pferde mit unbändiger Gewalt und mit donnernden Hufen über die Grasbahn rasen, erscheinen die Traber in ihrer Bewegung ausgesprochen elegant. Doch die zum Teil lange Renndauer fordert die Tiere bis zur vollständigen Erschöpfung.  So heißt es etwa in Wikipedia: "Stürze kommen vereinzelt vor. Zum Beispiel stürzen Pferde, die ihr Bewußtsein verlieren, weil sie bis über ihre Leistungsgrenze gefordert werden und deren Kreislauf kollabiert. Auch wenn der Fahrer dem Pferd die Luftröhre durch ein ständiges und kraftvolles Gegenwirken des pullenden Pferdes abknickt, verlieren diese Pferde dann während des Rennens das Bewusstsein und stürzen zu Boden." Auch hierin unterscheiden sich moderne Trabrennen wohl von den Wagenrennen der Antike. Trabrennfahrer sind nicht selten bis zu 50 Jahre alt und können ihr Leben lang erfolgreich bleiben. Sehr viel größer ist dabei der "Verschleiß" bei den Pferden.