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HINTERGRUND (Wikipedia)

Das Deutsche Spring-Derby, teilweise auch Hamburger Derby genannt, wird seit 1920 in Hamburg-Klein Flottbek ausgetragen. Es gilt als eines der bedeutendsten Derbys im Springreiten und wird in Fachkreisen auch als das schwierigste Derby weltweit bezeichnet. Traditionell ist das Deutsche Spring-Derby der Publikums-Höhepunkt des Turniers.

Das besondere an diesem Derby ist der 1230 m lange Parcours, der vom passionierten Jagdreiter Eduard Pulvermann gestaltet und seit 1920 weder in seiner Linienführung noch in seinen Hindernissen verändert wurde. Lediglich die Höhe der Sprünge und vor allem die Tiefe der Stangenauflagen wurden über die Jahrzehnte nach und nach dem Leistungsniveau angepasst um den Schwierigkeitsgrad trotz des verbesserten Bodens zu erhalten.

Unter den weltberühmten Naturhindernissen, die der holsteinischen Landschaft entnommen sind, ist wohl das bedeutendste bzw. das attraktionsreichste Hindernis der Große Wall. Ein weiteres bekanntes Hindernis ist Pulvermanns Grab. Der Parcours weist eine für heutige Verhältnisse ungewöhnliche Länge auf. Er fordert also neben einem gewissen Springvermögen in besonderem Maße Mut, Vertrauen und Kondition von Pferd und Reiter.

Seit in internationalen Prüfungen schon der zweite Ungehorsam des Pferdes zum Ausschluss führt, hat die Zahl der Ausschlüsse trotz hochkarätiger Starterfelder im Spring-Derby deutlich zugenommen.

Deutsches Derby 2012

Deutsches Spring-Derby 2012: Wer zwei Mal zuckt...

von Christian Fürst, nmms

 

Es gilt als das schwerste Springturnier der Welt. Die teilnehmenden Pferde verweigern beim "Deutschen Derby" im Hamburger Nobel-Vorort Klein-Flottbek gewöhnlich im Dutzend den Absprung vom sogenannten Wall, und dennoch zieht der Parcour alljährlich die Reiterelite - zumindest aus Deutschland - an. Und wieder einmal gewann ein Außenseiter. der erst 23-jährige Nisse Lüneburg aus Holstein, schaffte sowohl in der Abschlussprüfung, als auch im anschließenden Stechen mit seinem Pferde Calle Cool einen Null-Fehler-Ritt und konnte am Ende sein Glück kaum fassen. "Ich glaube, es lag auch daran, weil ich so ein erfahrenes Pferd hatte", meinte er bescheiden vor Journalisten.

 

 Der Sieger auf der Ehrenrunde

 Auszeichnung für ein "unwilliges" Siegerpferd. Den üblichen Lorbeerkranz lehnte Calle Cool kopfschüttelnd ab.

 

 

Auch in diesem Jahr war der "Wall" für viele Pferde ein unüberwindbares Hindernis. Sie verweigerten und wurden disqualifiziert. Wobei es schon genügte, wenn die cleveren Tiere durch zweimaliges Scharren mit den Hufen ihren Widerwillen ausdrückten. Andere Pferde, vor allem die "Routiniers" rutschten ohne jedes Zögern das drei Meter hohe Hindernis hinab um dann - fast ohne Anlauf kraftvoll das nächste Hindernis anzugehen. Das Bild zeigt den "Wall" am Tag der zweiten Qualifikation. Besonders schwer für die ersten Pferde auf dem Parcour, weil die Grasnarbe am steilen Hang noch unversehrt war.

 

Vor dem ersten Durchgang durften Ehrengäste, aber natürlich auch die Reiter und die Fotografen den Parcour besichtigen, der stets nach dem gleichen Muster aufgebaut ist. Nur eine Handvoll Hindernisse wurden auch in diesem Jahr von allen Teilnehmern ohne Fehler übersprungen. Insgesamt kamen an den drei Derby-Tagen jeweils rund 24 000 Zuschauer bei angenehmen Frühsommer-Temperaturen nach Klein Flottbek. Das 83. Derby war mit 100 000 Euro dotiert. Und natürlich war die ARD Live dabei. Erst wenige Minuten vor dem Siegesritt wurde das Freiluftstudio auf der Pressetribüne fertig gezimmert (siehe Bilder im folgenden Album). Und um die notwendige Pausen zu füllen, durften sogar holländische Zugpferde auf den Parcour, die für ihre besonders elegante Gangart berühmt sind.

 

"Das Derby" ist so recht ein Fest für die ganze Familie (einschließlichlich zahlloser Hunde), die sich aber nicht durch die Pferde provozieren ließen

 

 

Aua!!!

 

 

Beim 83. Deutschen Derby stürzten zum Glück nur wenige Pferde, und Verletzungen gab es zum Glück auch nicht. Professionelle Reiter haben gelernt, wie man auf den grünen Rasen fällt, ohne gleich ins Grass zu beißen.... Allerdings war für manchen Reiter der Abgang vom Wall auch nicht gerade ein Vergnügen, wie dieses Bild beweist. Es bedarf schon eines hohen Maßes an Körperbeherrschung, um bei solchen Aktionen NICHT aus dem Sattel zu gleiten.

 

 

Vermeintlicher Sieger!!! 

Nur der "zweite Sieger"

 

Knapp eine Stunde lang sah er wie der sichere Sieger aus: Der Vorjahres-Zweite Torben Köhlbrand hatte den extrem langen und schwierigen Parcour als bis dahin Einziger ohne Fehler überwunden. Doch dann kam - unter den letzten sieben Startern - der junge Nisse Lüneburg und lieferte mit Calle Cool ebefalls einen fehlerfreien Ritt: Sehr zur Freude der Zuschauer, die sich nun auf das Stechen der Beiden freuen durften. Im Gegensatz zum Hauptdurchgang ging es dabei nicht mehr über den großen Wall, und auch die schwierige Kombination aus den beiden "kleinen" Wällen (siehe folgende Bilderserie) blieb den Pferden erspart. Am Ende aber "patzte" Köhlbrand und Nisse Lüneburg ging mit seinem temperamentvollen Pferd erneut "Null". Er wurde damit zu einem der jüngsten Sieger in der langen Geschichte des Turniers.

 

 

Ein riesiger Satz vom "kleinen" Wall. Den Pferden werden absolute Höchstleistungen abverlangt

 

 

Hommage an ein Turnierpferd

 Abschied!

Ein besonderes Ereignis wurde der Ritt des dreimaligen Derby-Siegers André Thieme (Bild), der mit einem Abwurf das Stechen nur knapp verfehlte. Er ritt sein letztes Turnier mit seinem 17-jährigen Pferd Nacorde. Am Ende des Turniers kam er mit seinem erfolgreichen, langjährigen Gefährten noch einmal zurück und führte das Tier unter dem tosenden Beifall des Publikums zu Fuß über den Parcour. Thieme hatte das Derby zuletzt 2011 gewonnen.

 

Explosiv über die Hindernisse

 

 

Pferd und Reiter in höchster Anspannung und unter Aufbietung aller Kraftreserven. Und das Publikum fiebert mit: Die letzten Sekunden des Ritts von Nisse Lüneburg im Stechen um das Deutsche Derby 2012. Am Ende überwindet der gebürtige Holsteiner auch das letzte Hindernis und reißt beide Arme hoch.

 

 

Lüneburgs Familie und Freunde können es kaum glauben, und selbst der Parcour-Manager (mit Melone) klatscht dem Sieger zu.

 

 

"Reitsportlegende" Hans-Günter Winkler, inzwischen 86 Jahre alt, kam zur Siegerehrung und erhielt Sonderbeifall

 


 

Calle Cool lehnte den Lorbeer ab

Die Siegrehrung wurde einmal mehr zum Triumpfzug. Auch wenn das "Deutsche Derby" nicht wirklich eine nationale Meisterschaft ist und auch ein wenig die internationalen Größen des reitsports fehlen: Ohne die Nationalhymne geht es einfach nicht in Hamburg. Und traditionell erhält das Siegerpferd am Ende einen Lorbeerkranz, den der nervöse Calle Cool aber kopfschüttelnd und nervös tänzelnd ablehnte. Sein reiter dagegen sonnte sich im Jubel der 24 000 Zuschauer und galoppierte gleich mehrere Ehrenrunden über den Parcour. Zuvor hatte er noch die Glückwünsche des inzwischen 86-jährigen Hans-Günter Winkler und von Paul Schockemöhle in Empfang genommen. Drei Generationen erfolgreicher Springreiter, was will man mehr!!!

 

Eine Reportage und Hintergrund zum Derby 2011 finden Sie hier

 Alle Bilder und Texte copyright Christian Fürst, 2012