Woche 51 Glühweinzeit

Die sechste Jahreszeit - Weihnachtsmärkte

 

 

Narren mögen es sich herausnehmen dürfen, eine fünfte Jahreszeit auszurufen. Kindern – großen und kleinen – ist es vorbehalten, eine sechste Jahreszeit zu genießen, die der Weihnachtsmärkte. Wenn Ende November in Dörfern und Städten Handwerker anrücken und Hütten und Verkaufsstände aufbauen, dann und spätestens dann weiß jeder – um Weihnachten kommt er auch in diesem Jahr nicht herum. Rot wird dann zur vorherrschenden Farbe auf den Märkten. Die Lichter werden gedämpft, die Stimmen angehoben. Die Luft ist geschwängert von einer Mischung aus Currywurst mit Fritten, Falafel, Chili con Carne, Schaschlik und Co. Der Duft nach Crêpes ist noch am ehesten deckungsgleich mit dem, was man glaubt, aus den eigenen Kindertagen in die Jetztzeit hinübergerettet zu haben: Gewürze von Lebkuchen, Zwetschgenmanderln, Strohsterne und Kerzen. Wo nicht flüssige und feste Nahrung verkauft wird  gibt es immerhin winterfeste Kleidung aber auch kleine Statuen aus Afrika oder wo immer man sie billig herstellen kann, Kerzen, das zunehmend beliebte Salz aus dem Himalaya, Werkzeuge und Violinen aus Schokalade, Designerunterwäsche exklusiv aus Berlin – nichts, was man unbedingt braucht. Aber wer sucht nicht immer noch nach einem Geschenk für die Liebsten oder die, die es zu Weihnachten geworden sind.

Des einen Freud.... Zu beneiden sind sie nicht, die vielen Verkäufer und Helfer, die dafür sorgen, dass keiner all zu lange auf seine Currywurst mit Pommes oder das Schmalzgebackene warten muss. Und nicht ohne Neid wird mancher im Schweiße seines Angesichts sich gefragt haben, warum er nicht die Idee hatte, Unterwäsche nach Berliner Art zu verkaufen - in aller Ruhe.

           

In Ottensen, dem lebhaften und ebenso beliebten Stadtteil an der Elbe, quasi dem letzten Bollwerk gegen die hochvornehmen Elbvororte, zieht sich die Weihnachtsmeile vom Bahnhof bis zum Spritzenplatz geschätzte dreihundert Meter die Hauptstrasse entlang durch die Fußgängerzone. Gleich am Eingang, wo die Abgase aus dem Busbahnhof noch frisch und unverbraucht sind, das Kinderparadies...

         

 

Auch ohne einen einzigen Tropfen Alkohol getrunken zu haben kommt man kaum nüchtern von einem Ende zum anderen: ein Wolke aus verdunstendem Alkohol, um nicht Fusel zu schreiben, wabert hin und wabert her. Hochprozentigster Vertreter der alkoholisierenden Zunft ist seit Jahren eine Blockhütte, die sich als Vertretung der Hansestadt Tallin ausgibt und Unmengen heiße Alkoholika an Mann und Frau bringt. Zwei in Bronze gegossenen Frauenstatuen in unmittelbarer Nachbarschaft werden wohl das ganze Jahr brauchen, um auszunüchtern.

Momentaufnahmen vom Weihnachtsmarkt in Ottensen an unterschiedlichen Tagen und zu unterschiedlichen Tageszeiten

Menschen wie ihnen gelten meine ganz besonderen Wünsche. Möge ihnen der Wind der immer unsozialer werdenden Welt nicht all zu hart und kalt ins Gesicht wehen. Der Hamburger Senat aus Sozialdemokraten und Parteilosen darf tun und lassen was er und wo er will, um  weitere 200-Millionen Euro für die Elbphilharmonie zusammenzukratzen. Am unteren Ende der sozialen Skala sparen zu wollen wäre verbrecherisch. Es verstieße gegen elementare Menschenrechte und somit auch gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

 

In der Innenstadt Hamburgs hat sich Christian Fürst durch die alkoholischen Dunstwolken gequält.

Hier seine Sicht auf die etwas anderen Weihnachtsmärkte am Rathaus und dem Gänsemarkt.

 Text und Bilder copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2012