Woche 40 Piran

 Piran - klein und schön

Ein Hafenstädtchen in Slowenien

Stiefmütterlich behandelt wurden beide: Die Region Basilicata in Italien und das kleine Mitgliedsland der Europäischen Union, Slowenien. Beide haben  Küsten voller landschaftlicher und kulturhistorischer Schönheiten. Beide fielen leider im Vergleich zu ihren Nachbarn extrem kurz aus, kaum mehr als dreißig Kilometer lang. Während jedoch die Basilicata als Armenhaus Italiens gilt und ohnehin kaum etwwas zum Gesamthaushalt Italiens beiträgt, das über schier unendlich lange, touristisch erschlossene Küsten als sprudelnde Geldquellen verfügt, ist die Küste Sloweniens tatsächlich zu kurz geraten, um verläßlich Milliardenbeträge aus dem Fremdenverkehr zu ziehen. Milliarden, die das von der Eurokrise gebeutelte Land dringend braucht. Das große Geschäft mit den Touristen übernehmen Italien im Norden und Kroatien im Süden. Umso bemerkens- und auch lobenswerter ist die Tatsache, dass diese kurze und sehr grüne Küste nicht zugebaut wurde mit Bettenburgen - noch nicht. Und so findet sich weniger als eine Autostunde von Triest entfernt ein optisches Kleinod sondergleichen: Piran.

 

          

Wer in den kleinen Ort will, muss sein Fahrzeug in einem großzügig bemessenen Parkhaus abstellen, was nicht heißt, dass Piran autofrei ist. Einwohner und andere, die sich den Titel beschafft haben, und das scheinen viele zu sein, stellen jeden freien Platz zu. Und an Wochenenden wird es richtig eng und auch nächtens laut. Dann setzt man sich besser an den Hafen, blickt den Seglern und Fischern zu oder erfreut sich an dem glasklaren Wasser der Adria. Und Ruhe findet sich auf der großen Piazza, die nach dem berühmtesten Sohn der Stadt benannt wurde, Guiseppe Tartini, dem Wundergeiger und Komponisten. Hier treffen sich Ortsansässige und Touristen, Kinder und Hunde zum tratschen, staunen und spielen. Und rundum laden Bars und Restaurants zum Verweilen ein zu moderaten Preisen - gemessen an Italiens Neppniveau.

 

 

Dass Piran einst sehr reich gewesen sein muss, davon zeugen mächtige Sakralbauten. Hoch über der Stadt die Kirche San Giorgio mit einem fast protzigen und für das Städtchen überdimensioniert scheinenden Campanile, dem Markusturm in Venedig nachempfunden. Auf ihm thront überlebensgroß der Schutzheilige Sankt Georg. Und praktisch, wie seefahrende Völker sind, haben ihn seine Erbauer drehbar installiert - als Wetterfahne sozusagen. Anspielungen an die Kirche unterbleiben an dieser Stelle - Assoziationen sind erlaubt. Vieles in dieser Stadt ist spür- und sichtbar den Venezianern nachempfunden, die ja fast auf gleicher geographischer Breite auf der anderen, der westlichen Seite der Adria ihr Weltreich aufbauten und herrschten.  Etwas unterhalb von San Giorgio liegt, in den engen Gassen der Altstadt versteckt, der Kreuzgang eines Klosters, auf den nicht einmal Wikipedia aufmerksam macht. Seine Schönheit und Würde könnte allerdings auch ohne Choralgesänge aus Lautsprechern Wirkung entfalten - Ersatz für nicht existierende Aktivitäten in der Kirche.

Nicht alle sind von der Sonne verwöhnt, die in Piran wohnen. Steil, manchmal auch sehr steil, geht es vom schmalen Uferstreifen den Hang hinauf. Jeder Quadratmeter scheint verbaut. Vom Meer dringt salzige Luft in die Wohnviertel, die schmale Gassen und Treppen verbinden. Vom Hang dringt die Feuchtigkeit des Landes herein. Moos setzt sich an Wänden und Treppen fest. Es ist feucht, aber nicht moderig-muffig. Sauber ist die Stadt, kein Müll liegt herum, kein noch so entlegener Winkel ist zur öffentlichen Toilette umfunktioniert und heruntergekommen. Stille herrscht hier. Die Fenster sind geschlossen und Menschen huschen mehr als dass sie schlendern von Hauseingang zu Hauseingang oder auch zur nächsten kleinen Bar.

Kurz nur war der Autor in dieser sympathischen kleinen Stadt mit dem großen Lärm am Wochenende, den stillen Gassen und Treppen, dem Hafen für kleine Fischer und große Fische, den Kirchen und Kreuzgängen. Wenn etwas den "genius loci" zu beschreiben vermag, dann das Lebensgefühl der Menschen. Möge es nie weniger strahlend sein als auf diesen Bildern aus Piran in Slowenien.

 

         

Text und Bilder Copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2012