Woche 43 Lokis Garten

Loki-Schmidt-Garten

Der Botanische Garten in Hamburg hat einen Namen 

 

 

Eine Frau sollte im Mittelpunkt stehen - und doch drehte sich alles um einen Mann - einen alten Mann: Altbundeskanzler Helmut Schmidt, Politiker auf Lebenszeit und neben Uwe Seele und Udo Lindenberg wohl der bekannteste und auch beliebteste lebende Bürger der Freien und Hansestadt. Ort des Geschehens war der Botanische Garten in Klein-FLottbek, im Westen der Stadt, eine Oase des schönen und stillen Naturerlebens, die pro Jahr mehr als 450-tausend Menschen genießen, die freien Zutritt haben. Seit seiner Gründung vor fast zweihundert Jahren war der Garten, der mit fünfundzwanzig Hektaren eher einem Landgut ähnelt, ohne Namen ausgekommen. So musste also eine gute Begründung her, um ihn nun in Loki-Schmidt-Garten umzubenennen, meinte in seiner Ansprache auch der Rektor der Hamburger Universität, zu deren Botanischen Institut der Garten seit Gründung der Alma Mater im Jahre 1919 gehört. Nun also Loki-Schmidt-Garten, einen Namen, den die Hamburger mit dem ihnen eigenen Beharrungsvermögen wohl nicht allzu schnell annehmen werden - bei aller Wertschätzung für die Frau an der Seite Helmut Schmidts, mit dem sie bis zu ihrem Tod im Jahre 2010 achtundsechzig Jahre lang verheiratet war.

 

 

           

Zwei Gründe mögen den Hamburger Senat bewogen haben, Hannelore "Loki" Schmidt, geborene Glaser, derart zu ehren. Da ist einmal die gelebte Leidenschaft der dilettierenden Biologin, deren Namen sogar ein Scorpion trägt. Und völlig unstrittig sind da ihre Verdienste um den Natur- und Artenschutz, ihr Einsatz für naturnahe Institute und Einrichtungen wie die "Grüne Schule" innerhalb des botanischen Gartens. Wissenschaftliche Anerkennung wurde ihr zuteil durch die Ehrendoktorwürde der Russischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Hamburg. Natürlich hatte es ihr geholfen, Kanzlergattin zu sein, doch nach dem Motto "cui bono" wird auch hier verfahren. Eine besondere Liebe zur Hansestadt sollte die Person natürlich auch haben, nach der ein derart wichtiger und schöner Botanischer Garten benannt wird. Und da war Loki Schmidt vorbildlich. Nicht umsonst ehrte sie der Hamburger Senat und verlieh ihr die Ehrenbürgerwürde und den Titel Professorin. In seiner launigen Ansprache beschrieb Schmidt das Verhälnis seiner Frau zu ihrer Geburtstadt so: " Auch wenn Loki oft genug auf dem Roten Teppich stand, mit beiden Beinen war sie immer in Hamburg". Und, seltener Anblick, Schmidt schmunzelte und gab noch eine Episode zum Besten.

Bei einem Besuch des Katharinen-Klosters auf dem Sinia zeigte der Abt, um die botanische Leidenschaft des Gastes wissend, Loki Schmidt den Dornenbusch, von dem es in der Bibel heißt, er habe von sich aus zu brennen begonnen, um den Pakt Moses mit Gott zu besiegeln. Dieser Busch, so des Abtes feste Überzeugung, er wachse und blühe ausschließlich und einmalig beim Kloster. Loki zupfte ein paar Zweige ab, pflegte sie und einige Jahre später schlugen Triebe aus. Und noch einige Jahre später habe er zu blühen begonnen - hier in Flottbek, fügte Herlmut Schmidt hinzu, und setzte ein spitzbübisches Grinsen auf. Wer mit dem Kanzler zu tun hatte, weiß, dass Humor und Frohsinn nicht unbedingt zu seinen herausragendsten Charaktereigenschaften gehören. Umso schöner, ihn so entspannt erlebt zu haben. Eine Frage bleibt: Wollte man Loki Schmidt ehren oder dem Altbundeskanzler eine Freude machen. Beides scheint jedenfalls gelungen.

 

 

Zu Hannelore "Loki" Schmidt: http://de.wikipedia.org/wiki/Loki_Schmidt

Zum Loki-Schmidt-Garten, bis zum 23. Oktober 2012 14.50h Botanischer Garten: http://www.bghamburg.de/infomaterial.html

 Mahnungen

Am Eingang zu dem Botanischen Garten steht seit 1982 eine überlebensgroße Plastik des Künstlers Waldemar Otto, betitelt "Adam plündert sein Paradies". Eine kleine Tafel klärt auf: "Dieser Adam ist kein Idealbild, denn er steht für die Menschheit, die im Begriff ist, das Gleichgewicht der Natur und sich selbst zu zerstören. Hier soll mahnend daran erinnert werden, dass ein Paradies zu verlieren ist".  Wohl kaum ein Ort und kein Termin hätten besser gepasst, als hier und zum Zeitpunkt der offiziellen Umbennenung des Gartens vor einer zunehmenden Unterfinanzierung des Naturschutzes in Hamburg zu warnen. Der NABU, der Naturschutzbund Deutschland, nutzte die Gunst der Stunde.

 

In einer Presseerklärung heißt es: "Anspruch und Wirklichkeit klaffen ...  in Hamburg - der reichsten Region Deutschlands - besonders weit auseinander: 'Während der Senat sich selbst damit schmückt, der großen Naturschützerin Loki Schmidt ein Denkmal zu setzen, drohen im Botanischen Garten die maroden Gewächshäuser einzustürzen und sind derzeit aus Sicherheitsgründen für Besucher geschlossen. Das ist Etikettenschwindel, wofür Loki Schmidt ihren guten Namen angesichts der dramatischen Sparmaßnahmen sicherlich freiwillig nicht hergegeben hätte.'"  Der Botanische Garten, so heißt es weiter, sei ein Paradebeispiel, wie wenig Mittel die Hansestadt Hamburg ganz allgemein für den Erhalt von Natur und Umwelt auszugeben bereit ist. Der NABU fordert den Senat auf, für den Erhalt des Botanischen Gartens mehr Mittel in den Haushalt einzustellen. Er befürchtet, dass der Botanische Garten  als Teil der Universität Hamburg wie die die Universität selbst von erheblichen Einsparungen betroffen ist, und befürchtet, dass der an vielfältigen Pflanzenarten herausragende Botanische Garten in einen leichter zu pflegenden Park umgestaltet werden könnte. Ob Helmut Schmidt diese Botschaft vernommen hat, ist nicht bekannt, er betrat und verließ den Botanischen Garten, sorry: den Loki-Schmidt-Garten, nicht durch den Haupteingang und bekam so von der mahnenden Aktion wohl nichts mit.

 

 

Zu Hannelore "Loki" Schmidt: http://de.wikipedia.org/wiki/Loki_Schmidt

Zum Loki-Schmidt-Garten: http://www.bghamburg.de/infomaterial.html

 

 

Text und Bilder Copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2012