Woche 38 Gardasee

Herbst am See

 

 

Er ist reich an Schönheiten, von der Natur gegebenen und von Menschen geschaffenen - der Gardasee. Diese Schönheiten scheinen auch allen Versuchen der Tourismusindustrie trotzen zu können, sie zu zerstören. Im Süden wird der kleine Ort Sirmione täglich von Heerscharen überschwemmt, dass man meint, am letzten verkausoffenen Samstag vor Weihnachten über die Haupteinkaufsstraße einer deutschen Großstadt geschoben zu werden. Und wenn an seinem nördlichen Ende zwischen Limone, Riva und Torbole an manchen Tagen der See vor lauter Segeln nicht mehr zu sehen ist, klapprige VW-Busse verkehrsgefährdend und überproportional oft mit deutschen Kennzeichen an der Costiera Occidentale in die kleinste Lücke gepresst sind - dann darf man durchaus die Meinung vertreten: Nie wieder Gardasee. 

 

 

Die Welt kann aber auch ganz anders aussehen, am gößten See Italiens. An der Riviera Occidentale und der Orientale mit dem mächtigen Massiv des Monte Baldo geht der Puls geruhsam in den Tagen des Herbstes, die kürzer sind, aber auch nicht mehr so drückend heiß, wie in den Monaten zuvor. Wer von Norden kommend die Schrecken des von Touristen überlaufenen Limone und die zahlreichen Tunneldurchfahrten überstanden hat, den erwartet nach der letzten Galleria, einem spitzbogigen, hohen aber engen ehemaligen Eisenbahndurchchnitt durch den Fels am Steilufer des Sees, eine Überraschung: Gargnano. Hier endet der Teil, an dem man meint, den See schwimmend queren zu können, was für den Normalmenschen ebenso anmaßend wie aussichtslos ist. Am Hang reiht sich Limonaia an Limonaia, die terrassenförmig angelegten Zitronenhaine mit den typischen Stelen, auf denen die Schutzdächer ruhten, heute oft genug zweckentfremdet und mit schicken, großfenstrigen Ferienhäusern bebaut. An der Staatsstraße die Hauptkirche des Ortes, überdimensioniert für die eher kleine Stadt, deren Häuser sich zum See abfallend um den kleinen Fährhafen gruppieren. Hier ist das Zentrum des Ortes mit Rathaus, Apotheke, allerlei Geschäften und gerade so vielen Bars und Restaurants, dass jeder seinen Aperol Spritz, auch 2012 offenbar Lieblingsgetränk Nummer eins, im Sitzen genießen kann und auch niemand hungrig bleiben muss. Direkt am Eingang zu dem kleinen Hafenbecken findet sich ein solches Etablissement, eine Mischung aus Bar, Restaurant und Hotel, in der "weißwievielten" Generation von einer Familie geführt. Am Eingang ist eine Tafel aus Bronze angeschlagen. Ihr Text erinnert an den britischen Schriftsteller D.H.Lawrence, der hier abgestiegen war: Coming from Riva, David said to Frieda: "This is my Inn!". So lernte ich, für welchen Namen das "D" steht. Und einen zweiten berühmten Gast beherbergte Gargnano knapp ein halbes Jahrhundert später, der allerdings weniger rühmlich von der Geschichtsschreibung behandelt wird: Benito Mussolini. Er meinte, von seinem Schreibtisch im Palazzo Feltrinelli aus die sogenannte Seerepublik Salò zu regieren, ein Gebilde von Hitlers Gnaden, völkerrechtlich bedeutungslos und politisch absurd. Das Arbeitszimmer im Palast, von dem heutzutage die Fahnen Italiens und Europas hängen, ist im Originalzustand erhalten, der Öffentlichkeit aber nicht zugänglich. Gut so angesichts der Verehrung, die der Duce nicht nur in Italien noch immer genießt.

      

   

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Super Spa

oder Gesellschaft in Weiß

 

copyright by Lefay Resort & Spa Lago di Garda

Hoch über Gargnano und dem See ruht, auf Fels gebaut ein Refugium, das schwer zu beschreiben ist weil es seine eigenen Superlative liefert. "Luxus ist nicht, was glitzert, sondern das, was uns im tieferen Sinne gut  tut" - umschreibt "Lefay - Resort & Spa Lago di Garda" die Philosophie des Hauses, das sich an die Hänge schmiegt wie seit Jahrhunderten hier an der Zitronenküste die Limonaie. Das Umfeld, den grandiosen, wahrlich Atem beraubenden Blick über den Gardasee bis in die lombardische und venezianische Tiefebene hat die Natur beigesteuert. Was der Mensch beitrug ist nicht weniger bewundernswert. Und wo das Interieur mancherorts etwas gedrängt und überladen wirkt, zeigt sich wahre Schönheit und Geschmackssicherheit auch hier im Detail.

 

         

copyright by Lefay Resort & Spa Lago di Garda

Wer von der Garage aus kommend den großzügig bemessenen und mit edelsten Materialien ausgestatteten Empfangsbereich betritt, fühlt sich zunächst völlig deplaziert. Seinesgleichen gekleidet ist lediglich das Personal. Die Gäste huschen uniformiert in flauschiges Weiß gehüllt von A nach B und zurück, bilden eine Einheitsgesellschaft der Bademantelträger, dem Clu-Clux-Clan nicht unähnlich. Ihren Individualismus scheinen sie mit ihren Fahrzeugen vor der Hoteltür gelassen zu haben. Nur noch nackt ist gleicher. Und selbst dann würde wahrscheinlich noch ein Hauch von Bourgeoisie das Etablissement umnebeln. Spa hin - Spa her. Nahezu lautlos läuft hier alles ab. Niemand lacht, kein Kind juchzt. Erholung auf höchstem Niveau scheint anstrengend zu sein.

 

copyright by Lefay Resort & Spa Lago di Garda

Visionen & Visionäre

Es versteht sich, dass ein solches Objekt nicht zum Nulltarif zu bekommen ist - weder für die Betreiber noch für die Gäste. Etwa vierzg Millionen Euro flossen, bis im Jahre 2008 das Ensemble zur Eröffnung bereit war. Die Gelder kamen aus dem Erlös der Regionalfluggesellschaft Air Dolomiti. Der Lufthansa passte die Airline in ihr Gesamtkonzept  und die Verkäufer, Alcide und Liliana Leali, hielten Ausschau nach neuen Ufern. Unternehmensfreudig und erfahren im Umgang mit Herausforderungen auch großer Dimensionen verfielen der Stahlunternehmer und seine Frau auf die Idee eines Super-Luxus-Spa. Den Architekten fanden sie in Hugo Demetz aus Brixen in Südtirol. Von ihm lesen und hören wir die Geschichte, er habe sich flach auf den Boden gelegt, wo heute das Lefay steht, habe die Arme ausgebreitet und sich in die Landschaft eingefühlt. Nett ist sie, die Geschichte - sei sie wahr oder erfunden. Und einen zweiten Südtiroler holte man in das Team, Herbert Hintner, den Sternekoch der "Rose" in Eppan. Seit Jahrzehnten Garant für regionalgeprägte Spitzenküche. Ein Mann, der seinen Idealen immer treu war und seine Ideen und seine Arbeitskradt großzügig in die Vereinigung junger Köche, der "Jeunes Restaurateurs" einbrachte.

 

NewsAndMore-Mediaservice dankt Signora Anna Malvezzi, Lefay Resorts SRL, für ihre professionelle, kollegiale und charmante Unterstützung

Mehr zu Fakten und Philosophien finden sie hier:  http://www.lefayresorts.com/

Photography copyright Lefay Resort
 

 Salò - Fasano - Villa

Wenn man vom Südufer des Gardasees die Westküste, also die Occidentale, nimmt und nach Norden fährt, kommt man an den wunderschönen Orten Salò und Gardone vorbei. Salò ist noch immer reich und nobel mit einem stillen Ortskern, in dem Nobelboutiquen und alteingesessene Feinkostgeschäfte und Cafés im Stile der 20er Jahre einträchtig koexistieren. Hier denkt kaum noch jemand daran, dass der Ort dem politischen Fantasiegebilde von Hitlers Gnaden, der Seerepublik von Salò den Namen gab. Einen kurzen Weg weiter gen Norden folgt Gardone mit dem riesigen Park des Nationaleiferers Gabriele d'Annunzio am Hang und Hotels an der Promenade, die einmal Glanz und Glorie gesehen haben mögen. Zwischen Strasse und See reihen sich Prachtvilla an Prachtvilla - ehemals zur Schau getragener Reichtum, heute überwiegend Firmensitze. Wer als nächsten Ort Toscolana-Maderno auf der Agenda hat, wird leicht ein kleines Ortschild übersehen, das nach links, den Berg hinauf zeigt: Fasano Sopra. Achtlos, weil kaum einzusehen fahren die meisten Besucher auch an einer kleinen Strasse vorbei, die nach links zu einem noch bedeutend kleineren Schiffsanleger führt, der nur einige, wenige Male am Tag von einer Fähre angefahren wird. Sollte ich jemals gefragt werden wie das Paradies wohl aussieht - nun denn: hier ist es.

 

Wer Kulinarisches über den Gardasse erfahren möchte, dem sei das folgende, sehr informative und gut gemachte Buch empfohlen:

 

Monika Kellermann/Udo Bernhart
Gardasee -  Eine kulinarische Rundreise
Collection Rolf Heyne
335 Seiten Großformat
ISBN: 978-3-89910-377-9

 

Kellermann ist eine exzellente Kennerin des Gardasees. Ihr stand kongenial der Fotograf Udo Bernhart zur Seite. Dem Verlag sei gedankt, dass er eine abgespeckte Version auf den Markt brachte. Abgespeckt nicht nur im Preis, sondern vor allem auch im Gewicht. Dass dadurch die sehr guten Fotografien etwas kleiner wurden, ist vertretbar. Kleine Fehler, auf die in der Kritik zu Recht hingewiesen wurde, schmälern das Lesevergnügen nur marginal oder auch gar nicht.

 

Text copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2012

 

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