Woche 08 Ästhetik pur

Ästhetik pur....

oder: Sechs Sterne für Sven Elverfeld

 

 copyright The Ritz Carlton, Wolfsburg. Fotograf Götz Wrage

 

Was verbindet Wolfsburg und München? Eine einfache Antwort ist schnell parat, denn beide Städte haben mit großen Namen des Automobilbaus zu tun. Die Antwort, zu dem diese weiße Kugel den Schlüssel liefern kann, ist subtiler und hat mit Sinnesfreuden pur zu tun. Wirkt doch in Wolfsburg, inmitten der Autostadt ein Mann, den Koch zu nennen einem Sakrileg gleichkäme - Sven Elverfeld. Er ist Meister der Aromen und Künstler der Form, einer vergänglichen zwar, doch gerade deshalb umso bewundernswerter, bleibt ihr doch nur eine kurze Zeitspanne, um genossen zu werden. Und auch in München sind Künstler zu Gange mit dem selben Sinn für die Ästhetik der Form, doch hier einer weniger schnell vergänglichen. Die Collection-Rolf-Heyne aus dem gleichnamigen Verlag in der Maria-Theresia-Straße, schwingt sich zu einem verlegerischen Höhenflug auf, der seinesgleichen sucht. Das Ergebnis wiegt  schwer, gut drei Kilogramm. "Sven Elverfeld" heißt es und Sven Elverfeld hat es verfasst, kongenial begleitet von der Wiener Fotografin Luzia Ellert. Der Aufwand, dieses Buch zu gestalten und zu produzieren, muss für alle ebenso gigantisch gewesen sein, wie es für das Team von Sven Elverfeld jeden Abend ist, Kreationen aus der Küche, die besser Atelier genannt werden sollte, zu senden, die alle Sinne erfassen und in Taumel versetzen können.  


Der Gral in der Autostadt....

 

  

Dass essen und trinken weit über das schlichte Stillen von Hunger und Durst hinaus gehen kann, ist im 21sten Jahrhundert keine Botschaft, die noch als Nachricht durchgehen könnte. Wie sehr diese Beschäftigungen sich aber von der normalen Existenzsicherung abheben können und den Menschen auf neue, kaum erahnbare Ebenen der Sinnesfreuden befördern können, wurde dem Autor in der Norddeutschen Tiefebene gleich doppelt bewußt. Es hieße vielleicht etwas antiquiert " Käfer nach Wolfsburg zu tragen" wenn man der kulinarischen Fangemeinde Sven Elverfeld und sein "Aqua" vorstellen wollte.

 

           

 Sven Elverfeld

copyright The Ritz Carlton, Wolfsburg. Fotograf Götz Wrage
 

Dennoch grenzt es an ein Wunder, was Seven Elverfeld in wenigen Jahren, aus dem Nichts geschaffen hat. Zu solchen Höhenflügen braucht es Geld - und das schien zu Beginn des neuen Jahrtausends reichlich vorhanden - als zukunftsfähige Menschen Wolfsburg vom Muff der 5oer Jahre befreien wollten. Unmittelbar neben dem Werk, aus dem Millionen Volkswagen in alle Welt rollten, sollte auf der grünen Wiese am Rande des Mittellandkanals eine museal-moderne Autowelt entstehen für immerhin heutige 430 Millionen Euro. Ein solches Areal soltte nicht nur den Autofreund  und -narren begeistern, sondern auch kulinarisch aufzeigen, zu welchen Leistungen kreativer Wille fähig ist. Ein Hotel der Spitzenklasse war geplant und ohne Top-Gastronomie sollte es nicht bleiben. Ritz-Carlton erkannte die Chance, plante und baute und wußte - ein Restaurant exceptioneller Qualitär mußte intergriert werden und dazu braucht es einen Mann der mehr kann, als nur kochen. Die Wahl fiel nach einem Probekochen auf Sven Elverfeld, den Hessen aus Hanau.

Ehrfurcht überkommt den Gast beim Anblick der genießbaren Kunstformationen, die zu zerstören es größerer Willensanstrengungen bedarf. Bereits was profan oder bescheiden als "Snack & Knusperillos" avisiert wird, scheint seinen Platz eher im MoMA, dem Museum of Modern Art in New York einnehmen zu wollen, denn auf einem wie auch immer spannend gestylten Gefäß aus Glas, Porzellan oder Edelstahl. Wer seine Scheu dann überwunden hat und die ersten feinen Teilchen mit den Lippen berührt um sie dann den nachfolgenden Geschamcksknospen zuzuführen, erlebt orgiastische Sinnesfreuden. Was optisch die Vollendung der Form ist geschmacklich die perfekte Konzentration auf die Essenz, das atomare  Herausarbeiten unterschiedlicher Grundsubstanzen. Hier wird nichts durch Fremdaromen verfremdet oder gar mit Zucker und Butter verstärkt. Hier wird die Natur scheinbar neu entdeckt. Dies ist ungleich molekularen Brimboriums. Hier sehen "Frutti die Mare"aus wie Meeresfrüchte und sie haben auch die Konsistenz von Meeresfrüchten und vor allem - sie schmecken auch so.

Am 23sten Februar 2012 gab es nach den "Snacks & Knusperillos" zu bewundern, zu bestaunen und zu genießen:

Suppen-Shots - eine Löffeldegustation

Rindertatar à la Borscht - heiß/kalt - siehe großes Eingangsfoto

Meeresfrüchte "Frutti di Mare" - Büffel Mozzarella, Tomate & Basilikum

Kalbsbacke & Entenleber - Chicorée, Birne & Périgord Trüffel

Champagner Cremesorbet - "Grand VIntage Rosé 2002" Moet & Chandon


Étouffée Taube aus der Region Vendée - Safran, Kichererbsen, Haselnuss, Dickmilch & Mandarine

Nyangbo Schokolade - Kartoffeleis & Apfel

Süßes Finale

Pralinen

Das Serviceteam war fantastisch professionell ohne kalt-routiniert zu sein, immer aufmerksam ohne zu drängeln, charmant ohne anzubiedern. Man meinte, sich schon lange zu kennen und begegnete sich auf Augenhöhe. Herz - was willst Du mehr.  Eine bedauerliche Ausnahme machte der etwas unwirsche Sommellier, der bei strenger Beurteilung durchaus den drei Michelin-Sternen eine Zacke aus der Krone schlagen kann. Glücklicherweise war er nur kurz präsent und überließ uns wieder seiner höchst kompetenten Stellvertreterin. Die Weinreise wurde leider nicht auf der Queen Mary 2 zurückgelegt, wie das Menü, sondern eher im Regionalexpress. Hier sollte besser nach eigener Erfahrung in Absprache mit dem Sommelier aus der schlanken Weinkarte gewählt werden, die sicherlich noch ausbaufähig ist. Die Rechnung war dem Standard angemessen und kann sogar als wohlfeil bezeichnet werden. Es gab extrem viel Genuß pro Euro. Nach einem beglückenden Abend ging es vom Restaurant dann mit dem Sonderfahrstuhl in  den dritten Stock, wo auf dem Zimmer des Hotels Ritz Carlton noch ein Gruß des Aquateams wartete. Die Widmung "Viel Spaß beim Lesen und Genießen", die Sven Elverfeld in sein Kunstwerk Buch eintrug, ist Garantie und köstliches Versprechen zugleich.

Die Autostadt

 

Wohl kein Ortsname ist in Deutschland so eng mit einer Automarke verbunden, wie Wolfsburg mit Volkswagen. Hier liefen die ersten Käfer von den Montagebändern, um ihren einzigartigen Siegeszug rund um die Welt anzutreten. So sprach man  lange nicht etwa davon, "Eulen nach Athen" zu tragen, sondern "Käfer nach Wolfsburg" - so lange, bis der Golf den Käfer abgelöst hatte. Auch er legte eine einzigarte Erfolgsbilanz vor - immer der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus. Aus dem grauen Provinzstädtchen ist längst eine  moderne Stadt geworden, die sich breitgefächert auch den schönen Künsten verschrieben hat, dabei aber nie den Quell ihres Wohlstandes aus den Augen verlor. Und so setzte man dem Automobil unmittelbar am Mittellandkanal ein eigenes Denkmal, ein sehr spritziges, lebhaftes und lebendiges allerdings- die Autostadt.

Bilder der Kochkreationen und aus dem Küchenatelier von Sven Elverfeld sind copyright The Ritz Carlton, Wolfsburg. Fotograf Götz Wrage

NewsAndMore-Mediaservice dankt dem Pressechef des Hotels, Herrn Julius Hahn, für die großzügige und kollegiale Unterstützung

Der Text sowie die Bilder aus der Autostadt sind copyright Andreas Pawloiuschek, nmms