Die Sehnsucht der Veronika Voss - Fassbinder auf der Bühne
Die Sehnsucht der Veronika Voss
Thalia-Theater bringt Fassbinder auf die Bühne
von Christian Fürst, nmms
In den frühen 1980er Jahren machte Rainer Werner Fasbinder drei Filme, die zu seinen - auch international - erfolgreichsten gehörten: "Die Ehe der Maria Braun", "Lola" und "Die Sehnsucht der Veronika Voss". Jetzt hat sich das Hamburger Thalia-Theater die Geschichte der Veronika Voss vorgenommen, deren Schicksal der traurigen Geschichte der Sybille Schmitz nachempfunden wurde. Einer Frau, die während der Zeit des Nationalsozialismus große Erfolge feierte, an die sie nach dem Krieg aber nie wieder anknüpfen konnte. Sie nahm sich 1955, 46-jährig, mit Schlaftabletten das Leben.
"Ganz zu Anfang meiner Regietätigkeit wollte ich eine Rolle mit Sybille Schmitz besetzen, da erfuhr ich, dass sie tot ist. Niemand wusste etwas Genaueres über ihr Schicksal. Die Geschichte hat mich nicht mehr losgelassen. Ich habe ein zärtliches Gefühl für gescheiterte Figuren. Ich verstehe sie in allem, was sie falsch gemacht haben. Vielleicht hat das auch mit mir selber zu tun", sagte Fassbinder über seine Frauen-Trilogie.
Victoria Trauttmansdorff ist Veronika Voss, Eine Rolle, die für die aus zahlreichen TV-Filmen bekannte Schaspielerin massgeschneidert erscheint
In der Bühnenfassung von "Veronika Voss", die im "Thalia in der Gaußstraße" aufgeführt wird - der kleinen Bühne des Hamburger Renommiertheaters - spielt Victoria Trauttmansdorff die Titelrolle. Und wie sie sie spielt! Allein für ihre Darstellungen lohnt der Besuch. Ich habe diesen Beitrag deshalb fast ausschließlich mit Szenen gestaltet, in denen die Hauptdarstellerin im Mittelpunkt steht. Besonders effektvoll die in Form eines Pavillons gestaltete kleine Drehbühne, in der die wenigen handelnden Personen sich in den gläsernen Wänden spiegeln und dadurch immer wieder neue, kaleidoskop-ähnliche Einblicke geben.
Die vereinsamte Veronika lernt den frustrten Sportjournalisten Robert Krohn kennen. Aus der Zufallsbekanntschaft wird schnell mehr
Vergebliches Come-Back
Fassbinder gestaltete "Die Sehnsucht der Veronika Voss" als eine Art Kriminalfilm der Nachkriegszeit. Die nicht mehr ganz so junge Veronika, einst ein umjubelter Filmstar, sucht verzweifelt nach einem großen Engagement. Veronika ist inzwischen von ihrem Ehemann verlassen und von ihrer Psychiaterin Dr. Marianne Katz in die Drogensucht getrieben worden. In ihrer verzweifelten Lage trifft Veronika den in seinem Beruf gelangweilten und in seiner Liebesbeziehung unsicheren Sportreporter Robert Krohn, der schnell mehr nur als berufliches Interesse an der schönen Blondine entwickelt.
Doch die einstige Film-Diva hat nur die Karriere im Sinn. Als ihr bewusst wird, dass sie schwer drogenabhängig ist, will sie sich vom Morphium lösen. Doch mit verheerenden Folgen: Bei den Dreharbeiten für eine kleine Nebenrolle, die ihr früherer Produzent ihr verschafft hat, bricht sie zusammen. Reporter Krohn erkennt nun, dass Veronikas Psychiaterin sie bewusst abhängig gemacht hat, um sich am Ende deren Besitz anzueignen. Da sie mit ihren kriminellen Absichten auch den KZ-Überlebenden Jan Treibel (Christoph Bantzer) in den Selbstmord getrieben hat, sucht Krohn nach Beweisen, um ihr das Handwerk legen zu können. Er schickt seine Freundin zu Katz, um sich von ihr Morphium verschreiben zu lassen, um sie damit zu überführen. Doch Katz erkennt die Falle und tötet Henriette in einem fingierten Autounfall.
Veronika meint "Karriere", während Krohn ein Abenteuer und nach dem Sinn seines Daseins sucht
Katz und ihr Ex-Mann, die die ganze Zeit zusammengearbeitet haben, um sich Veronikas zu entledigen und deren Besitz zu erben, unternehmen nun den entscheidenden Schritt, um die Ex-Diva in den Tod zu treiben. Sie sperren Voss über ein Wochenende Ohne Morphium in ihr Haus und bauen darauf, dass sie - vom kalten Entzug gequält - eine Überdosis Schlaftabletten nimmt. Das Erwartete geschieht dann am Ende auch.Krohn wiederum geht zu seiner ungeliebten Freundin zurück und setzt seine ungeliebte Arbeit an einer Sportreportage fort.
Die Sucht
Qualen der Sucht: großartig in Szene gesetzt von Victoria Trauttmansdorff
Veronika muss erkennen, dass sie ohne das Morphium nicht mehr leben kann
Das Verbrechen
Gefangen in einem immer enger werdenden Käfig aus Glas: Beeindruckendes Bühnenbild von Peter Bauer
Psychiaterin Katz hat schließlich auch den KZ-Überlebenden Treibel Morphium-süchtig gemacht, um sich dessen Besitz anzueignen. Als sie ihm weiteres Morphium verweigert, nehmen er und seine Frau Schlaftabletten
Das Ende
Einen Trailer zu Fassbinders SW-Film sehen sie hier
Umfangreichen Hintergrund zu Sybille Schmitz, deren Geschichte dem Film zugrunde liegt, finden Sie hier
Biographisches Material zu Victorie Trauttmansdorff finden Sie hier
Alle Fotos und Texte copyright Christian Fürst, 2014