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Moliéres Tartuffe ein Politikum

(aus Wikipedia)

 

Im Mai 1664 – inzwischen war er zum Vergnügungsdirektor Ludwigs XIV. avanciert – organisierte Molière ein mehrtägiges Hoffest im neuangelegten Park von Versailles. Dort spielte er zunächst, mit Balletteinlagen, die sein jüngerer Freund Jean-Baptiste Lully komponiert und choreographiert hatte, die unverfänglichen (eigenen) Komödien La Princesse d’Élide (Die Fürstin von Elis), Le Mariage forcé (Die Zwangsheirat) und Les fâcheux (Die Lästigen). Am sechsten Tag führte er eine neue Verskomödie in drei Akten auf, die zum Politikum wurde: Tartuffe. Schon im Vorfeld hatten etliche fromme Höflinge die Aufführung dieses Stücks um einen scheinbar strenggläubigen, in Wahrheit aber herrschsüchtigen, raffgierigen und lüsternen Schwindler zu verhindern versucht. Nach der Aufführung brach Empörung beim gesamten „alten Hof“ aus, einer Gruppierung meist älterer Höflinge, die sich um die fromme Königinmutter Anna von Österreich scharten und der Zeit vor 1661 nachtrauerten, wo man unter ihr und ihrem Minister Kardinal Mazarin die Macht gehabt hatte. Der König, dem Molières Attacke auf die Frömmler und damit durchaus auch auf den ihm lästigen „alten Hof“ zunächst sehr recht gewesen war, hielt es nun, unter dem Druck dieser Leute, für geraten, das Stück zu verbieten. Die nächsten Jahre Molières waren bestimmt von seinem Kampf für den Tartuffe, d. h. gegen die Intrigen des „Klüngels der Frommen“, wie er sie nannte. Denn diese waren teilweise in einem bigotten Geheimbund organisiert, der Compagnie du Saint-Sacrement, der auch sein ehemaliger Gönner Conti angehörte, der nach einer Syphilisinfektion fromm geworden war. Immerhin sah sich Molière vom König insofern unterstützt, als er im Sommer 1665 seine Jahrespension von 1000 auf 6000 Livre erhöht bekam und mit seiner Truppe den Titel Troupe du roi annehmen durfte, beides kurz nach der Geburt seiner Tochter Esprit-Madeleine,

Tartuffe - Ein Viertel Jahrtausend auf einer Bühne

Hamburger Tartuffe: Ein Viertel Jahrtausend auf einer Bühne

von Christian Fürst, nmms

Die Komödie "Tartuffe" hat auch 350 Jahre nach  ihrer Uraufführung durch den französischen Schriftsteller Moliére in Versaille nichts von ihrem Unterhaltungswert verloren. Und wenn drei der Hauptdarsteller von Altmeistern der deutschen Sprechbühne gespielt werden, kann das inhaltlich vielleicht doch schon etwas angestaubte Werk um den durchtriebenen Hochstapler Tartuffe zu einem uneingeschränkten Vergnügen werden.

So geschehen vor wenigen Wochen in Hamburg, wo gleich drei Mimen im Durchschnittsalter von 80 Jahren auf der Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters die bissige Komödie  - die hintergründig wohl auch politische Verhältnisse am Hofe Ludwigs IVX anprangern sollte (siehe Hintergrund in der Infobox) - mit viel Leben erfüllten. Werner Rehm (79) als raffinierter und gelegentlich bösartiger Betrüger Tartuffe, Ex-TV-Kommissar Charles Brauer (78) als der Tartuffe-hörige Haustyrann Orgon und der 84-jährige Heinz G. Lück  in der (Frauen)rolle der Madame Pernelle begeisterten dabei das Publikum und verleiteten die Hamburger Kritiker zu mehr als wohlwollenden Kommentaren.

 

Charles Brauer (Orgon), Heinz G. Lück (Madame Pernelle) und Werner Rehm (Tartuffe), hier mit Orgons Ehefrau Elmire (Julia Hansen)

  

 

 Orgon, den der Heuchler und Betrüger Tartuffe um den Finger gewickelt hat, befiehlt seiner hübschen Tochter, den alten Hochstapler zu heiraten

Hier geht Tartuffe eindeutig zu weit. für ein Schäferstündchen mit Orgons Ehefrau riskiert er alles und verliert am Ende

  

 

Der Inhalt der Komödie "Tartuffe" ist vergleichsweise durchschaubar und hat durchaus den Charakter eines Volksstücks. Tartuffe, der vorgibt, ein besonders frommer und gelehrter Mann zu sein, hat sich bei dem Kaufmann Orgon eingenistet und breit gemacht. Er täuscht das eitle und herrschsüchtige Familienoberhaupt derart, dass dieser ihm nicht nur seine Tochter zur Frau geben will, sondern ihm auch noch sein ganzes Vermögen samt Haus vermacht. Dass Töchterchen Marianne, die einen anderen liebt, die Heirat verweigern will und auch die übrigen handelnden Personen Tartuffe durchschauen und ablehnen, stört ihn wenig. Orgon wacht erst auf, als Tartuffe der Versuchung nicht widerstehen kann und er plump versucht, dessen Ehefrau zu verführen. Orgon (Charles Brauer wird unter einem Tisch Zeuge und stellt Tartuffe "in flagranti) will den Hochstapler daraufhin des Hauses verweisen, doch der beruft sich darauf, dass Orgon ihm sein Vermögen bereits überschrieben habe. Kurz bevor die ganze Familie aus ihrem Hauses vertrieben wird, klärt jedoch ein städtischer Beamter die Lage und überführt Tartuffe als gesuchten Betrüger, der am Ende festgenommen wird.

Unter dem Wohnzimmertisch muss Orgon anhören, wie Tartuffe seine Frau verführen will

Am Ende ist Tartuffe der Verlierer und wird abgeführt - Hier studiert er den "Brief", der ihn überführt hat

 

Alle Fotos und Texte (Ausnahme Hintergrund in der Infobox) Christian Fürst, 2013

 

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