Don Carlos

Beeindruckender Don Carlos im Thalia-Theater 

 

Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!!

Der "Knabe Karl" schwankt zwischen Autismus und unbändigen Gefühlsausbrüchen; fast immer naiv, anscheinend ahnungslos, von blinder Leidenschaft geleitet und Freundschafts-hörig bis zur Selbstaufgabe. Kurz vor dem Ende der knapp vierstündigen Neu-Inszenierung des Hamburger Thalia-Theaters, die an diesem Samstag (22. Januar) Premiere hatte, steht Don Carlos, der Kronprinz, Kopf und wird schließlich - zusammen mit seiner verzweifelten Geliebten Isabel/Elisabeth - Opfer der Inquisition

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Friedrich Schiller hat das hochdramatische, politische Stück 1787, zwei Jahre vor der Französischen Revolution geschrieben (In Hamburg wurde es auch uraufgeführt). Und natürlich ist es trotz des historischen Handlungsraumes ein Stück gewesen, mit dem er die politischen Verhältnisse seiner Zeit anprangern wollte. Das Stück um die Liebe des Infanten zu Elisabeth, die ihm sein Vater Philipp II. ausgespannt hat.


Posa hat sich mit seinen Intrigen für die Freiheit Flanderns verkalkuliert und alles verloren

 

Seine innige, fast krankhafte, brüderliche Freundschaft zu Marquis Posa, der wiederum nur die Freiheit aller Menschen und die  Menschenwürde liebt und dafür alle verrät - sich selbst eingeschlossen; und natürlich das zweite Handlungspaar, Prinzessin Eboli, die ein Verhältnis zu Philipp hat und Carlos denunziert, den sie liebt: Am Ende siegt im Hamburger Don Carlos natürlich die Inquisition. Ansonsten gibt es nur Verlierer.

Doch die dramatische Forderung des Marquis Posa (Jens Harzer))an Philipp: "Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!"

      "Sire, geben Sie Gedankenfreiheit"

 

will Thalia-Hausregisseurin Jette Steckel nicht allein auf vergangene Zeiten angewendet wissen. Das Stück beginnt nicht umsonst mit multimedialen Texteinblendungen von Julian Assange, dem bedrängten Wikileaks-Gründer, der die Verfolgung seiner zur Institution gewordenen Einrichtung als Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sieht. Bei Schiller ist der König, der mächtigste Mann der Welt, im Zentrum der Macht allein. Die selbst auferlegte Pflicht, der er seine Liebe zu Elisabeth und seinen Sohn opfert, führt schließlich zu seiner Zerstörung. In Steckels Inszenierung wird der Herrscher Philipp am Ende zu einem Mann nahe dem Wahnsinn , der - einem Affen gleich - in der Kulisse aus riesigen schwarzgrauen Stahlwänden hängt. 

Philipp II erfährt durch Eboli, dass Elisabeth ihn angeblich mit Carlos betrügt

 

In Steckels Carlos wirken der Großinquisitor (André Szymanski) und Philipps Beichtvater (dargestellt durch die Schauspielerin Victoria Trauttmansdorff)  eher wie austauschbare Strippenzieher und Vollstrecker, denn als Supermacht der Inquisition. 

Insgesamt eine spannende Inszenierung ohne Längen, in einem Bühnenbild von Florian Lösche, das durch seine hohen, unüberwindbar scheinenden Mauern aus schhwarzem Stahl und modernem schallisolierenden Dämmmaterial die Aussagen Schillers und die Regie-Absichten Steckels vorzüglich unterstützt.  

 

Als habe er den Verstand verloren: Philipp flüchtet in die Kulisse

 

 Regie: Jette Steckel, Bühne: Florian Lösche, Kostüme: Pauline Hüners, Musik: Mark Badur, Dramaturgie: Susanne Meister.

 

Alle Bilder copyright Christian Fürst 2011

Mit: Alicia Aumüller (Prinzessin von Eboli, Dame der Königin), Christoph Bantzer (Graf von Lerma, Oberster der Leibwache), Lisa Hagmeister (Elisabeth von Valois, Philipps Gemahlin), Jens Harzer (Posa, ein Malteserritter), Mirco Kreibich (Don Carlos, der Kronprinz), Hans Kremer (Philipp II, König von Spanien), Matthias Leja (Herzog von Alba), Victoria Trauttmansdorff (Domingo, Beichtvater des Königs) und André Szymanski (Der Großinquisitor)

it: Alicia Aumüller (Prinzessin von Eboli, Dame der Königin), Christoph Bantzer (Graf von Lerma, Oberster der Leibwache), Lisa Hagmeister (Elisabeth von Valois, Philipps Gemahlin), Jens Harzer (Posa, ein Malteserritter), Mirco Kreibich (Don Carlos, der Kronprinz), Hans Kremer (Philipp II, König von Spanien), Matthias Leja (Herzog von Alba), Victoria Trauttmansdorff (Domingo, Beichtvater des Königs) und André Szymanski (Der Großinquisitor)