Macbeth - Ein stiller Königsmörder
Macbeth als Psychodrama
Die Bühne ist so düster wie das ganze Königsdrama. Und doch ist dieser Macbeth anders als die meisten Inszenierungen des blutigen Schauspiels von William Shakespear. Denn es fließt kein Blut. Und wer die Geschichte vom mörderischen Ehrgeiz der Lady Macbeth und ihres abhängigen Gatten nicht kennt, der mag sich mit dieser Aufführung schwer tun. Denn der belgische Regisseur Luk Perceval setzt bei seiner Interpretation diese Kenntnis voraus. Ihn interesieren nicht die Morde, sondern die Beweggründe. Und so wird das in der Übersetzung von Thomas Brasch auf zwei Stunden eingedampfte Stück zum reinen Psychogramm der beiden Hauptpersonen, die am Ende an Ihren Taten zugrunde gehen .
Lady Macbeth (Maja Schöne) ist die einzige Antriebskraft für Macbeths (Bruno Cathomas) Königsmord. Sie zerstreut seine Skrupel
Szenen der Stille: Shakespears Hexen bewegen sich in der Inszenierung nackt und langhaarig während des ganzen Stücks geräuschlos über die Bühne
Bei der ersten Premiere von Percevals "Macbeth" bei den Ruhrfestspielen in diesem Sommer spielte das insgesamt beeindruckende Ensemble des Thalia-Theaters in einer ehemaligen Fabrikhalle. Das Bühnenbild von Annette Kurz - eine Ansammlung von Tischen - konnte sich auf der Fläche ausbreiten. Bei der Hamburger Aufführung hat Kurz ein gigantisches und eindrucksvolles Mobile aus Tischen geschaffen, der Boden bedeckt mit alten Stiefeln, vielleicht die Überbleibsel der auf Macbeths Schlachten gefallenen Soldaten oder der Blutopfer seiner Karriere?
Der wie immer großartige Bruno Cathomas interpretiert Macbeth mit Leidenschaft als einen ans pathologische grenzenden und von Depression heimgesuchten Schwächling, dessen Abhängigkeit von Lady Macbeth (Maja Schöne) im Grunde die eigentliche Antriebskraft zum Morden ist. Doch jeder Mord gebiert eine neue Bluttat, die wiederum ein Stück im Inneren des an der eigenen Grausamkeit zerbrechenden Königs zerstört.
Was Macbeth an natürlichem Antrieb fehlt hat Lady Macbeth zuviel. Ihr Motiv ist der aus fehlender Erfüllung (Kinderlosigkeit und ein antriebsloser, eventuell impotenter Gemahl) herrührende mörderische Ehrgeiz. Doch auch sie zerbricht am Ende an der Welle der Gewalt, die Macbeths Königsmord an Duncan ausgelöst hat.
Bei Perceval wird die harte Lady schließlich zur jähzornigen Trinkerin, die am Ende in Macbeths Armen stirbt; für den mordenden Neukönig Anlass genug zur endgültigen Selbstaufgabe.
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Percevals bemerkenswerte Inszenierung hinterließ nicht wenige Zuschauer bei der Premiere betroffen. Auch die Kritik mochte der Interpretation des blutigen Königsdramas nicht unbedingt begeistert folgen. Die Kritikerin des NDR Rundfunks gestand offen, dass sie diese Deutung des Stücks am Ende ratlos zurück gelassen habe. Doch fesselnd und faszinierend ist das Schauspiel nach Lesart Luk Perceval in jedem Fall. Und damit sehenswert.
Verloren im Trümmerfeld der Emotionen
Ein Trümmerfeld aus Möbeln mit einem verloren wirkenden Kind im Hintergrund: Das geniale Bühnenbild von Annette Kurz
Alle Bilder und Text copyright Christian Fürst 2011