Gorch Fock - Ewig Jung?
Sie segelt weiter - Windjammer-Romantik "Gorch Fock"
Ein stolzer Windjammer auf hoher See: Die "Gorch Fock" 1977 auf der Ostsee bei einer Trainingsfahrt (alle Bilder Christian Fürst)
von Christian Fürst, nmms
"Der weiße Schwan der Ostsee" ist ins Gerede gekommen: Der Tod einer Kadettin und abenteuerliche Berichte über das Leben an Bord der "Gorch Fock" haben das populäre Segelschulschiff der Bundesmarine in die Schlagzeilen gebracht. Deutschlands monatelang beliebtester Flachländer und Ex-Verteidigungsminister von und zu Guttenberg erwog sogar, die vor allem bei Deutschlands Küstenbewohnern höchst beliebte schnittige Dreimast-Bark außer Dienst zu stellen. Doch nun wurde ein Machtwort gesprochen. Das 1958 bei Blohm und Voss vom Stapel gelaufene Schiff, das im Laufe seiner langen Dienstjahre zahlreiche Weltrekorde ersegel hat, bleibt weiter im Dienst. Und die Anhänger der Windjammer-Romantik, nicht nur im Norden der Republik, jubeln.
Wer die Gorch Fock, die Nachfolgerin des unglückseligen Schulschiffs "Pamir", einmal unter vollen Segeln auf See erleben durfte, freut sich mit ihnen. Dabei ist das Leben an Bord des Schiffes, das inzwischen mehrfach modernisiert wurde, alles andere als romantisch. Ich hatte in den 1970er Jahren als Korrespondenmt in Kiel Gelegenheit, mit der Gorch Fock hinaus auf die Ostseee zu segeln. Ein unvergessliches Erlebnis! Einen Teil der Bilder, die dabei entstanden, finden Sie im folgenden Album. Leider wurde ein großer Teil meiner Schwarzweiß-Aufnahmen durch einen häuslichen Wasserschaden stark beschädigt.
Die "laute Stille" des "weißen Schwans der Ostsee"
Der besondere Reiz einer Fahrt mit einem großen Segelschiff liegt für mich in der unerwarteten Ruhe, mit der es unter vollen Segeln über das Wasser gleitet. Zwar segelte die inzwischen immerhin 53 Jahre alte Bark bei "unserem" Ausflug in die Ostsee nicht bei gefährlichen Windstärken, doch die Bilder der körperlich extrem hart arbeitenden Besatzung, die bei Wind und Wetter in die bis zu 45 Meter hohen Masten des Schiffes steigen müssen, um die 23 zum Teil riesigen Segel zu setzen, sind mir bis heute in Erinnerung geblieben.
Auch wenn die Gorch Fock II mit allen modernen technischen Hilfen ausgestattet ist: Segeln ist und bleibt eben weitestgehend "Handarbeit". Und eine gefährliche dazu. Seit der Jungfernfahrt des schnittigen Schiffs sind vier Besatzungsmitglieder oder Kadetten an Bord ums Leben gekommen, ohne dass dies zunächst großes Aufsehen erregte. Wer aus den hohen Masten stürzt, der hat selten eine Überlebenschance. Erst als eine Frau ums Leben kam, wurde Empörung laut. Und für Frauen ist diese Aufgabe, so klagen inzwischen Marine-Experten, in den allermeisten Fällen - bei allen berechtigten Forderungen nach Gleichberechtigung in der Armee - schlicht körperlich zu anstrengend (siehe Hintergrund in der 2. Infobox auf dieser Seite).
"Windjammer sind 'in'"
Zu Album 2: Windjammer und insbesondere Windjammer-Paraden sind "in" in Norddeutschland. Hunderttausende kamen allein in diesem Jahr zum Hamburger Hafengeburtstag, einem Stelldichein der schönsten Großsegler der Welt. Und wenn die Gorch Fock einmal zu einem "offiziellen" Besuch in die Hansestadt kommt, stehen die Menschen in langen Schlangen an, um die Gelegenheit einer Schiffsbesichtigung zu nutzen-
Teamwork ist alles
Nach getaner Arbeit in der Takelage, bei der ohne Teamwork absolut nichts geht, sind die mehr als 80 Besatzungsmitglieder meist erschöpft. Ein Nickerchen an Deck überbrückt die Zeit bis zum nächsten, kräfteraubenden Einsatz. Schließlich muss sich die Stammbesatzung ja auch um die bis zu 130 Kadetten kümmern, die hier das Handwerk der alten Seefahrt kennen und Teamgeist erlernen sollen.
Viele Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung gibt es bis heute nicht auf dem reichlich engen Schiff, auf dem man an Deck den Kopf schon gehörig recken muss, um die Spitze der Masten zu sehen. Und wer dort fotografieren will, braucht schon ein ordentliches Superweitwinkel oder gar ein Fischauge, um die Masten in voller Takelage auf Film oder Chip zu bannen.
Dennoch zieht die Gorch Fock, wo immer sie auch vor Anker geht, bis heute Tausende Neugierige an. Kommen zur Verabschidung der Kadetten meist nur die Angehörigen, so stehen die Windjammer-Fans bei den offiziellen Visiten der Gorch Fock etwa in Hamburg oft stundenlang Schlange, um ein wenig von der alten Seefahrer-Romantik zu spüren, die der Großsegler ausstrahlt.
Die Kapitäne des Schiffs sind sich der Anziehungskraft der Gorch Fock II durchaus bewusst. So erzählte etwa der Kapitän zur See, Freiherr von Stackelberg, der die Bark 1977 kommandierte, er sei bei der Rückkehr von einer langen Auslandsreise mit voller Takelage "gegen den Wind" in die Kieler Förde eingefahren. Natürlich musste er dazu den Motor des Seglers benutzen und die Segel der GF bogen sich im Gegenwind nach der falschen Seite durch. "Aber gemerkt hat es niemand" lachte der Freiher bei seiner Erzählung. Und er schwor: "das ist kein Seemannsgarn!"
Mehr zur Gorch Fock lesen Sie hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gorch_Fock_%281958%29
und hier: http://www2.gorchfock.de/