Naturpark Hohe Tauern - 100 Jahre zwischen Wissenschaft und Tourismus
Steinadler, Murmeltier und Co: Artenschutz unter Menschen
Jetzt, mitten im alpinen Winter, schläft die Natur in der Höhe. Die dichte Schneedecke auf den Bergen der Hohen Tauern liegt wie ein weicher Schutzschild über den saftigen Bergwiesen. Während für die Wintersportler und die heimische Tourismusbranche in den Alpen jetzt die Hauptsaison angebrochen ist und allenthalben Hochbetrieb herrscht, bietet die kalte Jahreszeit für die Naturschützer im Nationalpark Hohe Tauern eine wohlverdiente Atempause. Denn während der Vegetationsperiode hält das größte Naturschutzgebiet im Alpenraum Wissenschaftler, Ranger und das gesamte Park-Management der Region ständig in Atem. Kaum ein Naturschutzgebiet der Welt ist besser wissenschaftlich erkundet, als dieses Schutzgebiet. Und die Zahl der Forschungsprojekte bleibt konstant hoch.
-e422a61526.jpg)
Schutz der Artenvielfalt
International geschützt: Groß Glockner im Klimawandel
Wer den Groß Glocker besucht, der befährt mit Sicherheit auch - Trotz der recht hohen Maut - die fantastische Hochalpenstraße. Von dort hat man überwältigende Ausblicke auf das Großglockner Massiv und auf die Dörfer mit ihren Kirchlein, tief in den Tälern. Hier findet man auch die ganze geschützte Tierwelt, die den Naturpark Hohe Tauern zu einem der wertvollsten Naturparks in Mitteleuropa gemacht hat. Ich selbst habe den Groß Glockner nie bei wirklich schönem Sonnenwetter erlebt. , aber der dramatische Wolkenflug hat ebenso seinen Reiz, wie plötzlich aufziehender Nebel. Und wenn dann noch in der Nachbarschaft die quicklebendige Murmeltiere pfeifen und sich vor ankommenden Gewittern wegducken - Was will man mehr.
In der Kernzone, wo wegen des Naturschutzes keine Lifte gebaut und Skipisten geschlagen werden dürfen, konzentriert man sich deshalb im Angebot auf geführte Schneewanderungen und - wo dies erlaubt ist, auf nordischen Skisportarten wie Langlauf, Rodeln, Biathlon. Im Sommer sind dann Wandern, Bergsteigen oder Höhenwanderungen angesagt. Vergleichsweise preiswerte Gruppenbesteigungen des Großglockners sind ebenso auf dem Programm, wie die Beobachtung des Steinwilds, der quirligen Murmeltiere, des majestätischen Steinadlers, des vom Aussterben bedrohten Bartgeiers oder der quicklebendigen Bachforellen. Inzwischen bieten die Hotels des Gebiets erfolgreich komplette Pakete an, in denen etwa Erholungsurlaub mit einer Großglockner-Besteigung kombiniert wird.
Und trotz des natürlichen Handicaps Naturschutz Beim "Taurerwirt" in Kals etwa, wo schätzungsweise 60 Prozent+ der Urlauber aus Deutschland kommen, ist man in diesem Winter mit der Buchungslage "sehr zufrieden". Wie die anderen großen Hotels und Pensionen der Region wirbt man hier mit Winterwandern, Skitouren oder Schneeschuhwandern. "Sanfter Tourismus" ist die Devise. Und die kommt zunehmend an.
Und alles nur zum Schutz der Natur?
"Nein", sagen die verantwortlichen Tourismusmanager im größten Naturschutzpark unseres Nachbarlandes, auch wenn sie wissen, dass der Erhalt der Umwelt heute für ihr Gewerbe überlebenswichtig ist. Auch in Gebieten ohne rasante Skipisten werde deshalb der Fremdenverkehr überleben: "Die Ansprüche an den Urlaub werden immer höher", sagt Elisabeth Schmidl, "und die Gäste suchen neue Formen der Erholung, wie zum Beispiel vollständiges Abschalten". Wo aber könnte man dies besser tun, "als inmitten dieser glorreichen und geschützten Natur!"
Daba-Klamm: Über viele Jahrtausende hat sich dieser Gebirgsbach tief in den Felsen geschnitten und donnert jetzt mit ohrenbetäubendem Getöse ins Tal
Durch die Wälder, durch die Auen - Wanderungen durch die Daba-Klamm
Sanfter Individual-Tourismus ist im Schutzraum des Hohe-Tauern-Nationlparks Trumph. Und wem das nicht genügt, der fährt in wenigen Minuten in die Randzone mit ihren insgesamt drei ausgebauten Skigebieten. Doch gerade die Wanderungen entlang reißender Gebirgsbäche und über die grünen, mit Blumen übersähten Auen (Mähder) haben großen Reiz. Die Daba-Klamm bei Kars ist dabei ein besonders lohnendes Ziel
Wissenschaft steht im Mittelpunkt
Schade nur, dass die drei österreichischen Bundesländer, die sich den Nationalpark "teilen", nicht wirklich gemeinsam für die Region werben. Das gilt zum Teil auch für die Wissenschaft: Mitteleuropas größter Naturschutzpark ist unter den drei Ländern Salzburg (größter Teil) Kärnten und Tirol aufgeteilt, die mehr oder weniger gemeinsam die gesetzliche Vorgabe erfüllen müssen: Den Artenschutz (Biodiversität), die Bildung und die Vermarktung des Gebiets. Allerdings werden die gesamten wissenschaftlichen Aktivitäten vom Hauptquartier in Mittersill aus koordiniert, wo auch die Datenbank zur Erfassung der Arten angesiedelt ist.
Zahlreiche Broschüren und Schriften im Informationszentrum Mittersill klären über die Aktivitäten der nationalen und internationalen Wissenschaftler auf. Besonderes Schwergewicht liegt liegt dabei auf den Erfolgsprojekten der Biologen, darunter vor allem die Wiederansiedlung des Steinadlers, des Bartgeiers, oder des Steinwilds und der Urforelle. Eine "Erfolgs-Story" wurde auch das Murmeltier, das inzwischen allerdings von Bewohnern des Naturparks trotz seiner Possierlichkeit und Popularität bei den Touristen wegen seiner rapiden Ausbreitung und hemmungslosen Wühltätigkeit schon im Ruf eines Schädlings steht.
Und ewig pfeift das Murmeltier? Die kleinen und possierlichen Nager sind wegen ihrer oft maßlosen Wühlarbeit nicht besonders beliebt im Naturpark. Dagegen bilden sie unter anderem die Ernährungsgrundlage für den Steinadler
Blumen und Schmetterlinge im Naturschutzpark
Mit erheblich kleineren und viel zahlreicheren Lebewesen befasst sich Gerhard M. Tarmann von Innsbrucker Landesmuseum, das sich traditionell um die Erfassung der Schmetterlinge im Naturpark kümmert. Schmetterlinge, so Tarmann, sind deshalb für das Gebiet und seine Erforschung so wichtig, weil sie "Umweltveränderungen schnell anzeigen, und weil sie und ihre Raupen bestimmte, aufeinander abgestimmte Lebensbedingungen brauchen."
Tarmann erforscht die kleinen und großen Falter im Naturpark seit Jahrzehnten. Und da die mehr oder weniger hübschen Insekten zu 85 Prozent nachtaktiv sind, gibt er nächtens eine Demonstration auf einer Bergwiese. Vor einer grell angestrahlten weißen Wand sammeln sich hier innerhalb von wenigen Minuten Hunderte Insekten, die der Wissenschaftler dann mit seinen Assistenten nach Bedarf einfangen kann
Gerhard Tarmann beim Erklären der Schmetterlingsvielfalt
Schmetterlinge sind - so Tarmann - ein wunderbares Beispiel für das "natürliche Zusammenspiel zwischen Fauna und Flora": "Schmetterlinge brauchen Blumen zur Verbreitung. Die Anzahl der Schmetterlingsarten ist damit auch ein Indiz für die Vielfalt und Biodiversität. Hier ist sie so groß, weil es so viele Blumenwiesen, Schluchten und Nischen gibt, in denen sie ungestört leben können. Wir haben allein auf einer Wiese hier 682 verschiedene Arten gefunden", erläutert er. Dabei sei jedoch wichtig, dass die Wiesen nicht regelmäßig gemäht werden. Auf gemähten Wiesen sinkt der Bestand dramatisch ab.
Insgesamt gibt es im Alpenraum laut Tarmann etwa 6000 (von weltweit 180 000) Schmetterlingsarten. Im Nationalpark wurden allein 1200 Arten registriert. "Bei Untersuchungen haben wir innerhalb von zehn Jahren sechs neue Arten entdeckt", erzählt der Wissenschaftler. Eines der Probleme bei der Erforschung sei das Sammeln der Tiere: "Wir haben es in Tirol zwar geschafft, das gesetzliche Sammelrecht zu erhalten. Jetzt haben finden wir keine Leute mehr, die die Schmetterlinge noch kennen."
Einige Arten sind allerdings in den vergangenen Jahrzehnten aus den Ostalpen verschwunden. Tarmann und seine Kollegen führen das unter anderem auf den Atomunfall von Tschernobyl hin. Seinerzeit habe sich Cäsium im Boden abgelagert und radioaktive Alphastrahlen an die dort lebenden Raupen abgegeben. Dies wiederum habe zu Degenerationserscheinungen und dem Aussterben geführt. Zu den neu entdeckten Arten gehört einer, der ausschließlich in den Hohen Tauern vorkommt. Der sogenannte Tauernwickler stammt ursprünglich aus Zentralasien, wo er heute jedoch nicht mehr gefunden wird.
Durch die Wälder, durch die Auen...
Ein wesentliches Element das Landschafts- und Naturschutzes in den Hohen Tauern ist der Erhalt der Bergmähder (Wiesen) , die im Sommer entlang der Hochalpenstraße - hoch über den Tälern der Hohen Tauern - in den schönsten Farben blühen. Hier finden Botaniker im Frühsommer zwischen 60 und 140 Arten von Blütenpflanzen, auf den maschinell gemähten Tieflandwiesen sind es dagegen nur 15-20. Ein wesentlicher Unterschied zu den Mähder im Tal: Hier oben wird nur einmal im Jahr mit der Sense gemäht.
Doch auch in diesem entlegenen Teil der Welt wird die Artenvielfalt durch den zunehmenden Strukturwandel in der Landwirtschaft gefährdet. Denn immer mehr Teilzeit- oder Feierabendbauern haben einfach nicht mehr die Zeit, das hohe Gras der Mähder mit der Hand zu mähen. Die Folge wäre ein Verlust an Artenvielfalt in Flora und Fauna, und gerade den will man in den Hohen Tauern doch vermeiden. Weitere Gefahr droht durch den Klimawandel. Sollte durch die befürchtete Klimaerwärmung die Baumgrenze in den Hohen Tauern weiter nach oben, über 2300 Meter, steigen, so würde das langfristig zu einer "Verwaldung" führen. Ist das "Aus" für die Wiesen und damit die Schmetterlinge also vorprogrammiert? Die Wissenschaft weiß darauf keine klare Antwort.
Blumen und Blüten, wohin man schaut: Vielseitige Wanderungen gehören zum festen Touristenprogramm in der Schutzzone
Seltene Blumen im Dorfer-Tal, und dazu "gesunde Kühe" die sich "Bio" ernähren....
Wo die "Hohen Tauern" wirklich hoch sind: Ausblicke von der berühmten Hochalpenstraße
Alle Bilder mit Ausnahme der besonders gekennzeichneten sind copyright Christian Fürst, 2012. Text copyright Christian Fürst, 2012
ACHTUNG: Hier gibts noch ein weiteres Feature zur Wiederansiedlung des Bartgeiers und der Ur-Forelle
Wichtige Kontaktadressen im Internet:
Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern Salzburg: www.nationalpark.at
Nationalpark Region Hohe Tauern Kärnten: www.nationalpark-hohetauern.at
TOURISMUS GROSSGLOCKNER:
Tourismusverband Bruck / Fusch www.grossglockner-zellersee.info
Tourismusverband Heiligenblut www.heiligenblut.at
Bergführerverein Heiligenblut www.alpinschule-grossglockner.at
Fremdenführung Großglockner Hochalpenstraße: elisabeth.eder@sbg.at
Salzburg Land Tourismus: www.salzburgerland.com
Kärnten Werbung: www.kaernten.at
Osttirol Werbung: www.osttirol.com