Gelber Rausch im Norden
Der lange, gelbe Rausch
von Christian Fürst, nmms
Vor fast 40 Jahren lebten wir für drei Jahre in der Ostseestadt Kiel. Und und im "Land zwischen den Meeren" (Nord- und Ostsee) gehörte in den Monaten Mai und Juni eine Spazierfahrt mit dem Auto, oder vielleicht sogar mit dem Fahrrad zur Rapsblüte einfach dazu. Denn um diese Jahreszeit verwandelten die kleinen, glänzenden Blüten von "Brassica Napus" - wie Raps von den Biologen genannt wird - weite Teile der Landschaften Schleswigs und Holsteins in ein wogendes, gelbes Meer. Und darüber lag der oft tiefblaue, dann aber auch wieder blassblaue Himmel mit sich auftürmenden Wolken, der so typisch ist für diese Region Deutschlands. Vor 40 Jahren wurde Raps noch weit überwiegend zur Herstellung von Speiseöl und Margarine oder als Futterpflanze in der Landwirtschaft gebraucht. Doch dann kamen "Umweltschützer" auf die Idee, aus Raps Bio-Treibstoffe herzustellen. Nicht etwa, um die Umwelt zu schonen, sondern um die Treibstoffreserven der Erde zu strecken.
Zunehmend wurde die Nutzung der Rapssamen für Speiseöl reduziert, und bereits 2007 wurden fast 75 Prozent davon in die Treibstoffproduktion umgeleitet. Doch gleichzeitig wurden die Anbauflächen zu Gunsten von Mais reduziert, der offenbar für die Herstellung von Alkohol als Treibstoffzusatz sowie für Biogas universeller nutzbar war. Dass die gerade im Norden auftretenden Monokulturen nicht nur extrem langweilig fürs Auge sind, sondern industrieller Maisanbei indirekt zu einer Zerstörung der Ackerböden führen würde, das ahnten die ahungslosen Umwelt- und Verkehrsretter wohl nicht.
Die ersten Bilder antstand an einem großen Rapsfeld entlang einer kleinen Landstraße in Ost-Holstein auf dem Weg zum Ostseeort Neustadt. In dieser durch die Eiszeit geprägten, leicht welligen Landschaft wirken die knallgelben Felder besonders attraktiv. Im Gegensatz zu früheren Jahren liegen viele Rapsfelder heute eher verstreut. Um Felder in der Ebene zu fotografieren müsste man fast schon auf Bäume klettern oder eine große Leitern, um die Fläche wirklich erfassen zu können.
Im Norden hatte der heute qualitativ stark verbesserte Raps eine viel längere Tradition als in südlichen Regionen Deutschlands. Sucht man im Internet nach "Rapsanbau in Schleswig-Holstein", dann wird an erster Stelle die gegend um Schleswig sowie die kleinen Städte Kappeln und Arnis an der Schlei aufgezählt. hier reichen die Felder etwa bis ans Ufer des Flusses. Wandern oder Radtouren sind also für Freunde satter Landschaften zur Rapsblüte dringen zu empfehlen.
An schönen Nachmittagen verwischt der Dunst des nahen Binnemeeres entlang der Ostseeküste etwas den klaren Blick auf die Rapsfelder. In diesem Jahr boten die Felder sowieso einen ungewöhnlichen Anblick, denn wegen der erheblich verfrühten Blüte hatten die Bäume noch nicht ausgeschlagen und wirkten ungewöhnlich kahl zwischen den satten Feldern.
Zwei Wochen nach unserem ersten Ausflug "in den Raps" zog es uns ein weiteres Mal nach Holstein, doch zu unserem Leidwesen trübten heftige Regenfälle das schöne Bild, und dramatische Wolken hingen über dem Land. Die folgende Bilderserie entstand auf dem Weg nach Schönberger Strand am östlichen Ausgang der Kieler Förde.
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