Woche 19 Dressur

Jugend siegt

Deutsches Dressur Derby in Hamburg

 Fabienne Lütkemeier auf Qui Vincit Dynamis

Sie reiten ein wenig im Schatten der spektakulären Springreiter am Rande des Turnierplatzes in Klein Flottbek, dem vornehmen Stadtteil in Hamburgs Westen - aber sie beweisen, das es nicht Masse ist, was Klasse macht. Ihr Publikum ist zahlenmäßig durchaus übersichtlich auf drei kleinen Tribünen versammelt. Und auch einige wenige Fans lugen im Stehen über die Absperrungen. Die Plätze für die VIPs sind fast leer, als Fabienne Lütkemeier, die 21 Jahre junge Reiterin aus dem westfälischen Paderborn, einer Reiterhochburg, mit  Qui Vincit Dynamis erscheint - eine von drei Reiterinnen, die das Finale erreicht haben.  Die Ansage preist die junge Frau ob ihrer vielen Erfolge auch für die deutsche Nationalmannschaft der Jugend mit der sie in Europa schon ganz vorne mitgeritten ist. Hier in Klein Flottbek zählt aber nicht nur, was frau mit dem eigenen Pferd schafft. Traditionell und zwingend ist ein Pferdewechsel im Finale vorgeschrieben, ein Reglement, das viele Größen des Dressursports abhält, in Hamburg zu starten, was nachvollziehbar ist, denn wer gibt schon gerne sein eigenes, oft geliebtes und immer wertvolles Tier in anderer Reiter Hände. So musste Fabienne Lütkemeier auch mit den Pferden ihrer Konkurrentinnen Anabel Balkenhol und Bianca Kasselmann antreten. Und was möglicherweise nicht einmal Insider für möglich gehalten hatten: die junge Amazone schaffte es auf Anhieb bei ihrem ersten Turnier mit Pferdewechsel alle drei Pferde nach vorne zu reiten. Höchstpunktzahl für alle drei Ritte ist etwas, was selbst Routiniers mit großem Respekt zu Kenntnis nahmen. Dass sie nicht nur richtig gut und höchst elegant ritt, sondern auch trotz der Anspannung mit jugendlichem Charme überzeugte, ließ sie für das Publikum zum Liebling werden.


Drei Generationen

          

War die spätere Siegerin mit Abstand die jüngste der Dresssurreiterinnen, die in Klein Flottbek antrat, so dürfte Bianca Kasselmann guten Gewissens und bei aller "political correctness" wohl nicht nur als die ältestes sondern auch als die mit Abstand erfahrendste Reiterin bezeichnet werden. Die Gangart ihres Pferdes zeigte an, dass von oben noch immer präzise Kommandos kamen und die Kontrolle der Reiterin über das Pferd bestens funktionierte. Und wer nach Beendigung ihres Ritts schnell genug auf die andere Seite des VIP-Zeltes laufen konnte, durfte mit Respekt verfolgen, wie behände die Einundsechzigjähre vom Pferd stieg. Der Sport scheint jung zu halten.... Ach ja: Den zweiten Platz erritt sich Anabel Balkenhol, mit 41 Lenzen ziemlich genau in der Mitte....

 

Von großen und kleinen Tieren und mittleren Missgeschicken

 

"Sehen und gesehen werden..." - Ein Derby lebt nicht vom Sport alleine. Langweilig wäre es, dauern nur Pferde und Reiter zu bewundern oder zu bejubeln. Genau so spannend können die kleinen Erlebnisse und Szenen am Rande sein, wie dieser scheinbar herrenlose Hund, der mehr Aufmerksamkeit erfuhr als manch gestandener Reitersmann. Er schien überall und überall gleichzeitig sein zu können, ebenso charmant wie unerschrocken. 

Und diesen Vierbeiner scheint innerlich der Leibhaftige geritten zu haben. Wie aus heiterem Himmel fing der Schimmel an zu bocken und konnte nur mühsam wieder zur Raison gebracht werden. Viel Applaus gab es nicht für diesen meisterlichen Dressurakt - das Stadion war um die Mittagszeit noch lange nicht gefüllt. 

Wer die Bilder der großen Ritte aus dem Derbypark vermisst, der sei um Nachsicht gebeten und herzlich eingeladen, in einem Jahr wieder bei NewsAndMore-Mediaservice vorbeizuschauen. Vielleicht ist dann auch abzusehen, ob sich an dem unwürdigen Zustand einiger Baulichkeiten, vor allem der heruntergekommenen, seit Jahren maroden Tribüne, etwas ändern wird.

 

Texte und Bilder copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2013