Woche 32 British Flair

 "very british"
oderKleinbritannien an der Elbe

 

Hanseaten an Elbe und auch an Weser gerieren sich gerne britisch oder so, wie sie meinen, dass britische Tugenden sein müssten: zurückhaltend, edelkonservativ, tolerant und weltoffen - um nur einige Charaktereigenschaften des Inselvolkes zu nennen. Auch städtebaulich erinnert vieles in den besseren Stadtteilen an England. Wer die Außenalster umrundet und zur Krugkoppelbrücke kommt, wird eine wunderschöne Villa entdecken mit einer noch schöneren Aussicht über den künstlich angelegten See inmitten der Stadt. Es ist der "Anglo-German-Club" - eine der feinsten Adressen in Hamburg. Und auch, wenn der Union-Jack nicht mehr über einem regulären Generalkonsulat weht, die deutsch-britische Freundschaft wird gepflegt und gehegt wie kaum eine andere. So ist es auch kein Wunder, dass im vornehmen Westen der Stadt zum vierundzwanzigsten mal ein Fest stattfand, das seinesgleichen sucht und über das aus höchster Warte zwei Bobbies wachten - mit wenig Strenge, dafür aber umso mehr Humor: britischem Humor, versteht sich.

         

"British Flair - The Lifestyle Event" nennt es sich. Und welcher Veranstaltungsort könnte sich besser eignen als der Hamburger Polo Club im noblen Klein Flottbek. Und selbstverständlich konnten sich die anglophilen Besucher an all den Köstlichkeiten erfreuen, die auf der Insel das Leben noch immer lebenswert machen. Darunter auch drei Eckpfeiler, die das United Kingdom zusammenhalten: The Queen, Ale and Sports, zum Teil scheinbar skurrile Sportarten wie "tossing the caber", also Weitwurf von Baumstämmen oder Hammerwurf im Schottenrock. Was bei all dem Gebotenen  Ausdruck  des Blickes zurück in eine vermeintlich bessere Welt, also Nostalgie ist, mag jeder für sich entscheiden. British ging es jedenfalls zu: very british sogar.

     

 Auch wenn sie nicht persönlich vorbeischauen konnte und zum Trost ein Double an die Elbe entsandte, so lächelte sie doch huldvoll vom Kühler eines der zahlreichen Oldtimer britischer Provenienz und grüßte mädchenhaft ihre treue Fangemeinde: Queen Elizabeth II. Das Defilee der über Jahrzehnte liebevoll und mit viel technischem und finanziellem Aufwand und Know How erhaltenen Fahrzeuge war pure Nostalgie. Es waren andere Zeiten, als weltweit Namen wie Jaguar, Morgan, Aston Martin oder auch MG die Herzen der Autofreaks höher schlagen und die Augen feucht  werden ließen. Heute liest sich das "A to Z" des britischen Automobilbaus ungefähr so: Rolls Royce = BMW. Bentley = Volkswagen. Jaguar = Tata und Tata ist indisch.  Und der Shooting Star unter den Revival-Cars, der Nachfolger des Trendsetters und erfolgreichen Rallye-Flitzers, der Mini und Mini Cooper - auch er stammt aus dem Haus der weißblauen Marke.

Natürlich gehört zu jedem Fahrer auch die passende Kopfbedeckung, sei es die klassische Schiebermütze oder ein leichter Sommerhut. Den natürlich nur bei niedrigen Geschwindigkeiten, zu denen diese Oldtimer ohnehin einladen. Nicht nur wegen der empfehlenswerten Schonung von Maschine, Getriebe & Co. sondern auch, damit die Umwelt erkennen kann, dass blasierte Lässigkeit zwingendes Accessoire ist - auch wenn es natürlich schwer fällt.

 

Cricket und Rugby, Tossing the Caber, Guiness und Newcastle Brown, Fudge und Fish and Chips - nichts, aber gar auch nichts schien zu fehlen, um sich wie auf der Insel zu fühlen. Nicht einmal an Regen mangelte es - zumindest nicht am ersten Tag. Und selbst eine Falknerei präsentierte ihre Tiere und das eigene Können. Wenn man den Vögeln auch ein Leben in Freiheit gönnte, war es durchaus beeindruckend und für den Fotografen natürlich ein Vergnügen, Adler und andere Greifvögel einmal aus nächster Nähe erleben zu können.

Britische Mentalität verbindet sich oft auch mit Liebe zu Tieren - von dem Hang, Füchse am liebsten grausam zu Tode zu hetzen einmal abgesehen - aber auch zu Menschen. Und so wird das Wort Charity, Wohltätigkeit, durchaus groß geschrieben. Seit es dieses Fest gibt, also seit 1991 sind durch Spenden und Tombolas rund 500-tausend Euro zusammengekommen und an wohltätige Vereine und Organisationen in Hamburg weitergeleitet worden. Dieses Jahr gehen die Einnahmen an den "Förderverein für Stadtteilarbeit in St. Pauli Süd e.V.", der unter dem Motto " Offene Hand, offenes Herz: für die Kinder von St. Pauli " Gutes tut und das Geld sicherlich auch gut gebrauchen kann.

          

Britisch wie es begann, britisch wie es zwei Tage lang aussah, roch und schmeckte war auch der Abschluss dieses einmaligen, harmonisch-fröhlichen Festes. Schön und ein wenig melancholisch erklang auf fremdem Boden - doch was ist für Briten wirklich fremd - die Hymne "Land of Hope and Glory" aus Pomp and Circumstance March No. 1 von Edward Elgar. Es mag zwar nicht die höchstoffizielle Nationalhymne sein. Nein - das ist und bleibt "God save the Queen" (bis zum nächsten King) oder "Rule Britannia". Doch hier in Klein-Flottbek, auf dem Rasen, auf dem sonst die Hufe der Polopferde das Grün zerhacken, gab es keinen Zweifel: Hymne hin, Hymne her. In zwölf Monaten ist es wieder so weit. God save the Queen!

 

Mehr Informationen zu dem Förderverein für Stadtteilarbeit in St. Pauli Süd finden Sie unter:

www.gwa-stpauli.de

 

Text und Bilder copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2014