Woche 10 Elbkollision

Auf Sand gesetzt

Kollision auf der Elbe

Es war Aschermittwoch. Kein besonders bemerkenswerter Tag in norddeutschen Gefilden, weit weg von Karneval und Fasching. In den frühen Morgenstunden warnten Wetter- und Verkehrsfunk vor Nebelbänken und glatten Straßen wegen Raureifs oder überfrierender Nässe. Wo man auf den Autobahnen rund um Hamburg vorsichtig zu fahren wußte, weil die Sicht extrem eingeschränkt war, konnte am Ufer der Elbe der Fluß kaum gesehen werden, so dicht war der Nebel. Schiffsführer und Kapitäne sind trotz moderner Radareinrichtungen nicht zu beneiden, wenn sie flußauf - oder abwärts streben und dabei die Hand vor Augen kaum sehen. Und so geschah, was im Bereich des Hamburger Hafens glücklicherweise sehr selten geschieht - das seegehende Schiff "Wilson Fedje" stieß mit dem Binnenschiff "Jade" zusammen und riss mitschiffs die Bordwand bis unter die Wasserlinie auf. Die Gefahr vor Augen, inmitten der Fahrrinne zu sinken und den regen Schiffsverkehr auf unbestimmt Zeit stark zu behindern oder gar zu stoppen, reagierte der Schiffsfüher hellwach, steuerte das nördliche Ufer an und setzte die "Jade" vor dem Ortsteil Othmarschen auf Sand -  gegenüber der markanten Lotsenstation "Seemannshöft" in Waltershof.

Es sah aus, als hätte ein Tsunami das Schiff auf den Strand gehoben. Als sich am Tag danach der Nebel verzogen hatte, wurde bei ablaufendem Wasser nicht nur das Ausmaß des Schadens überdeutlich sondern auch, in welcher Gefahrensituation der Schiffsführer die Ruhe bewahrt haben musste, als die "Jade" voll Wasser lief. 

Von einem längsseits gegangenen Schiff aus wird die Fracht, Sojaschrot, gelöscht. Gleichzeitig bereiten Spezialisten alles vor, um bei Niedrigwasser das Leck in der Bordwand durch eine angeschweißte Stahlplatte notdürftig zu verschließen. Alles verläuft in großer Ruhe - fast, denn zwei Mitarbeiter der HPA, der Hamburg Port Authority, sind derart gestresst, dass sie den Berichterstatter von nmms äußerst unhöflich und lautstark verscheuchen unter Hinweis auf eine Absperrung - ein auf dem Elbstrand kaum auszumachendes rot-weißes Plastikband. Um das havarierte Schiff herrscht indes Volksfeststimmung. Vor allem Kinder genießen es, einem großen Schiff richtig nahe kommen zu können.

Verletzt wurde bei der Havarie glücklicherweise niemand. Auch die Elbe wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen. Öl floss nicht aus. Die "Wilson Fedje" konnte mit einem Lotsen an Bord fast unbeschädigt in den Hafen einlaufen. Dort ist sie vorläufig an die Kette gelegt, das heißt, sie darf nicht auslaufen. Zunächst werden die Aufzeichnungen der Aufnahmen des Radars und des Funkverkehrs ausgewertet, die von der Wasserschutzpolizei sichergestellt wurden. Ob die Schuldfrage jemals wirklich geklärt werden kann, bleibt abzuwarten.

 

Nachtrag: Hamburger Medien berichten am Freitag (7ter März 2014) nahezu übereinstimmend, die Polizei habe gegen den Kapitän der "Wilson Fedje" und den Lotsen Strafverfahren wegen Gefährdung der Sicherheit der Schiffahrt eingeleitet. Nachdem technische Defekte so gut wie ausgeschlossen sind, gehen die Ermittler laut "Hamburger Abendblatt" von menschlichem Versagen aus. 

 

Am Sonntag (09ter März 2014) schwamm die "Jade" wieder auf und konnte in eine Werft gebracht werden. Dort wird geprüft, ob eine Reparatur lohnt und überhaupt möglich ist. Die Reederei rechnet mit einem Schaden von mindestens einer halben Million Euro

 

Text und Bilder copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2014