Woche 12 Hamburg feiert seinen Bach

Hamburg feiert seinen Bach

Carl Philipp Emanuel nullt zum dreißigsten mal....

 

Es sieht nicht gerade fröhlich aus, das Konterfei des großen Komponisten Carl Philipp Emanuel Bach. Dabei hätte der Jubiliar allen Grund, zufrieden zu sein über die späten Ehrungen, die ihm all die Städte* zu Teil werden lassen, die meinen, durch das Wirken des Meisters in ihrem Gemeinwesen besonderen Anspruch darauf zu haben. Und ob es liebevoll gemeint ist oder nur respektlos dem Zeitgeist folgt, der abkürzt, was nur irgend abzukürzen ist, er wird von Carl Philipp Emanuel Bach zum C.P.E.  Bach gestutzt. Dort, wo vor noch nicht allzu langer Zeit eine Speisen- und Getränkekarte Passanten verführen sollte,  das Restaurant "Zum Alten Senator" zu besuchen, macht nun das Bild des Ratsherrn Bach neugierig, was sich da abspielt. Das Restaurant gibt es nicht mehr und ein Blick durch die Scheiben verrät, C.P.E. scheint sich auch im Inneren des Gebäudes breit zu machen.

       

In einem einzigartig schönen und historisch wertvollen Ensemble klassischer Hamburger Kaufmanns- und Bürgerhäuser, zumeist Backsteinbauten, zum Teil in Fachwerkmanier, finden sich in der Nachbarschaft Museen, die den Musikerpersönlichkeiten Johannes Brahms und Georg Philipp Telemann, dem Patenonkel von CPE gewidmet sind: der erste in Hamburg geboren, der zweite in der Hansestadt gestorben. Beide kamen erst spät zu dieser Ehrung - und ohne die mehr als tatkräftige Förderung durch die Carl-Toepfer-Stiftung möglicherweise auch gar nicht. Und die Stiftung ist es auch, die jetzt C.P.E. eine museale Heimstatt vorbereitet im "Komponisten Quartier Hamburg". Auch die Kulturbehörde engagiert sich finanziell, damit im Gegensatz zur leidigen Elbphilharmonie die Fertigstellung auch tatsächlich annähernd zeitgerecht im Herbst 2014 erfolgen kann, wie die zuständige Senatorin Kisseler auf Fragen von nmms meinte. Gerne hätte man es bei der Stiftung gesehen, wenn die Meldung des "Hamburger Abendblatt" richtig gewesen wäre, der Senat würde das Projekt mit 250-tausend Euro unterstützen - doch davon ist man wohl weit entfernt.

* 300 Jahre C.P.E. Bach feiern im Jubiläumsjahr 2014 mit Konzerten, Ausstellungen und Vorträgen die Städte Hamburg, Berlin, Potsdam, Frankfurt (Oder), Leipzig und Weimar

"Aus der Seele muss man spielen und nicht wie ein abgerichteter Vogel."

© Bach-Archiv Leipzig · www.bach-leipzig.de

Wer hätte seine Philosophie so besser beschreiben können, als er selbst, C.P.E. Bach, der in Hamburg die Nachfolge des berühmten Telemann als städtischer Musikdirektor antrat. Ein Amt, das er zwanzig Jahre lang bis zu seinem Tode ausfüllte. CPE kam vom Hofe Friedrich II., mit dem er nicht nur in Harmonie lebte, zusammen aber intensiv musizierte. Zeitlich und musikalisch spannt seine Musik den Bogen vom Barock zur Wiener Klassik. Als Carl Philipp Emanual Bach, der zu Lebzeiten bekannter war als sein Vater, Johann Sebastian, vierundsiebzigjährig starb, würdigt ihn sein Freund Klopstock so: "Der tiefsinnige Harmonist vereinte die Neuheit mit der Schönheit, war groß in der vom Worte geleiteten, noch größer in der kühn, sprachlosen Musik..." (zitiert nach  Brigitte Sydow-Saak). Und so kann man verstehen, wenn C.P.E. Bachs Stilepoche als Empfindsamkeit bezeichnet wird.  Kein Wunder, dass er in W.A. Mozart einen dankbaren Verehrer fand, der 1788 C.P.E. Bachs "Auferstehung und Himmelfahrt Jesu" in Wien dirigierte und zu einer grandiosen Aufführung verhalf. Und bei so viel Lob strahlt er auch wieder - der Jubiliar Carl Philipp Emanuel, der Hamburger Bach.

© C. P. E. Bach *1714/cpebach.de

Jedem Besucher der Freien und Hansestadt, ob musikinteressiert oder nicht, sei ein Bummel durch das Viertel um die Peterstraße dringend empfohlen -  auch wenn von den geplanten sechs erst zwei Komponistenmuseen besucht werden können. Nur wenige Kaufmanns- und Bürgerhäuser dieser für Hamburg so wichtigen Epoche sind nach dem großen Brand in der Stadt Mitte des 19ten Jahrhunderts und den Bombardements im Zweiten Weltkrieg erhalten geblieben und derart gut gepflegt worden. Wer alerdings durch Hamburg streift auf der Suche nach einem C.P.E. Bach -  Denkmal oder auch nur einer noch so kleinen Büste auf einem Sockel in einem der vielen Parks, der wird enttäuscht sein. Fehlmeldung auch, wenn bei Google-Maps eine Bachstraße im Ortsteil Barmbeck auftaucht. Sie ist weder dem Vater J.S.B. noch dem Sohn C.P.E. gewidmet. Nuf ür wenige Jahre hieß sie "Johann-Sebastian-Bach-Straße" - und das war 1942. Die Hamburger tun sich manchmal schwer mit Kultur und die dafür zuständige Senatorin Barbara Kisseler meinte auf einer Pressekonferenz entsprechend schnippisch, das mache doch keinen Sinn. So wie sie auf Fragen von nmms auch einem Festival zu Ehren des großen Hamburger Bach keinen Sinn entlocken mochte. So die parteilose Professorin Kisseler, die mit immerhin 100-tausend Euro aus ihrem Portfolio ein Jazzfestival an der Elbe fördert - wie es heißt.

Interessante Informationen zum Komponisten finden sich unter: www.cpebach.de

Alles Wissenswerte zum KomponistenQuartier Hamburg gibt es hier: www.komponistenquartier.de/

Frau Rita Strate, Vorstand Komponisten-Quartier Hamburg e.V., sei herzlich für die kollegiale Unterstützung gedankt. Ihr verdankt der Autor vor allem auch den Blick in das künftige Museum.

Zur Homepage der Toepfer-Stiftung geht es hier: www.carltoepferstiftung.de/pubhamburgerpeterstrasse.php

 

Zum Geburtstag am 8ten März erschien ein liebevoll geschriebenes und gestaltetes Buch, das wärmstens empfohlen werden kann:

Christine Blanken & Wolfram Enßlin (Hg.): "Unterwegs mit Carl Phlipp Emanuel Bach" Lehmanns media

Hierin auch ein Stadtspaziergang Hamburg

 

Und eine Hörempfehlung gibt der Autor ebenfalls gerne weiter:

C.P.E. Bach: Konzert A-Dur für Cembalo und Streicher. Da hört man J.S.B. neben Joseph Haydn und natürlich sehr viel CPE in der Einspielung mit dem Amsterdamer Barock Orchester. Leitung und am Cembalo Ton Koopman.

Text und Bilder copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2014