Woche 12 Memento mori

 Woche 12 Gedenken aus Trauer

 

"Gibt's hier etwas umsonst" fragte mich unbedarft eine junge Frau, die mit ihrem Fahrrad versuchte, sich Weg zu schaffen durch die vielen Menschen, die sich an einer der belebtesten Straßenkreuzungen in Hamburgs populären Stadtviertel Eppendorf versammelt hatten. Sie konnte nicht die von Blumen und Erinnerungsstücken bedeckte Stelle sehen, an der am 12ten März vier Menschen eines grausamen, gewaltsamen Todes gestorben waren. "Nur den Tod hat es hier umsonst gegeben" erkärte ich der jungen Frau und schilderte ihr kurz, warum sich hier so viele Menschen zusammengefunden hätten.

 

 

Es war kurz vor 17 Uhr gewesen an jenem Samstag mitten im Herzen Eppendorfs, dort wo die Nobeleinkaufsmeile Eppendorfer Baum statdauswärts einen Verkehrsknotenpunkt bildet, an dem sich fünf Straßen treffen. Hier steht eine Gruppe Menschen und wartet darauf, bei grüner Fußgängerampel die Staße queren zu dürfen. Sie bekamen wohl kaum mit, dass aus Norden ein Wagen nahte, mit doppelter der erlaubten Geschwindigkeit.  Er raste links um die für ihn rote Ampel durch den Gegenverkehr und streifte heftig ein Auto, das in Richtung Innenstadt unterwegs war. Der Wagen des "Rasers", so muss man ihn wohl nennen,  bekam einen so starken Drall, dass er sich mehrfach überschlug. Als nach Sekunden der Lärm verebbt war, hatte das Wrack unter sich den Soziologen Günter Amendt zu Tode gequetscht und weitere drei Menschen erschlagen: Den  bekannten Schauspieler Dietmar Mues, seine Frau Sibylle, beliebte Lehrerin in einer nahe gelegenen Schule, und die Bildhauerin Angela Kurrer. Alle hatten jahrzehntelang in dem Stadtteil gelebt, waren bekannt und beliebt, respektiert und bewundert. Acht Passanten wurden verletzt. Der Fahrer des Unglückswagen, nicht zu jung und nicht alt, kam mit leichten Verletzungen glimpflich davon. Bereits eine erste Blutprobe ließ vermutten, er habe unter Drogen gestanden. Eine Woche später stand fest, er hatte größere Mengen Marihuana genommen.

 

          

Was besonders berührte und beeindruckte an der kurzen Gedenkveranstaltung, auf der selbst die "offiziellen" Reden nicht wie sonst häufig schal klangen, war die erkennbar tief empfundene Trauer, die bei den meisten wie persönlicher Schmerz wirkte. Hier war keine Schaulust zu spüren. Es schien, als habe man gute Freunde verloren, ihr Bekanntheitsgrad Nebensache. Den bekannten ja berühmten Schauspieler Mues und den nicht weniger bekannten Soziologen Amendt würdigten und würdigen die Medien. Vor Ort waren die Opfer vorrangig Opfer - nicht Promis. Und so erklärt sich auch die langanhaltende Bezeugung von Trauer über den Verlust von Menschen, guten Bekannten, Freunden - trotz Tsunami und Fukushima.

 

         

 

Der Verursacher des Unfalls wurde im Frühsommer 2012 zu einer mehrjährigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Er hätte um die Gefährlichkeit einer festgestellten Epilepsie wissen und entsprechend verantwortungsvoll handeln müssen. Außer einer einmaligen, recht lapidaren Entschuldigung bei den überlebenden Familienangehörigen, die ihm so recht nicht abgenommen wurde, hatte der Angeklagte sich unbeteiligt gegeben. Der Weg in die Berufung wurde ihm vom Gericht offengelassen.

 

Mehr zu Dietmar Mues und Günter Amendt lesen Sie bei Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dietmar_Mues

http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Amendt