Woche 37 - Die Peking in Hamburg

Ein Schiff kehrt heim

Die Peking im Heimathafen Hamburg

Bildergeschichten von Andreas Pawlouschek, Christian Fürst, Detlev Harnisch sowie Karin & Harald Hoerner

 

Es ist so etwas wie die neuzeitliche Geschichte vom "Verlorenen Sohn", der sich vom Vater löst, in die Welt hinauszieht und schließlich reuig zurückkehrt. Hier lief sie am 25. Februar 1911 vom Stapel, die Peking, und hierher, in ihren Heimathafen, kehrte sie am 7ten September 2020 wieder zurück. Schmuck wie beim Stapellauf sah sie aus. Doch ohne Segel, Maschine oder Ruderblatt wurde sie elbaufwärts gezogen, um am Bremer Kai im Hansahafen ihren voraussichtlich letzten Liegeplatz zu finden. Jahrzehntelang war sie über die Weltmeere geschippert, vierunddreißig Mal hatte die Peking das berühmt-berüchtigte Kap Hoorn an der Südspitze Chiles passiert, bis die Zeit über die großen Frachtensegler hinweg ging, und die Peking nach einigen Irrfahrten in New York festmachte und jahrzehtelang vor sich hinrostete - als Museumsschiff.

                                                        Die Peking am 07ten September beim Einlaufen in den inneren Hafen

 

Als vor sechzehn Jahren die Queen Mary 2, kurz QM2 genannt, erstmals Hamburg anlief, waren an den Ufern entlang der Elbe und im Hamburger Hafen geschätzt etwa 500-tausend Menschen versammelt, um die Mutter aller Kreuzfahrtschiffe, zu bewundern. Und so sollte es über Jahre bleiben, auch wenn die kleinere Schwester, die Queen Elizabeth 2, vor der Elbphilharmonie festmachte. Als die Peking an diesem Montag die Werft in Wewelsfleth an der Stör verließ und die etwa dreißig Kilometer kurze Reise in die große Hansestadt antrat, waren es freundlich geschätzt einige zehntausend Freunde der Windjammer, die sich auf und über die Peking freuten. Corona hatte nicht nur die Verantwortlichen veranlasst, ein großes Hafenspektakel abzusagen, sondern wohl auch viele Hamburger bewogen, das Risiko zu naher Begegnungen zu meiden und das Ereignis in den Medien zu verfolgen.

 

                                

                                                                                                                      02. August 2017 Wewelsfleth                                          07. September 2020 Hamburg

 

Als kümmerliches, scheinbar nur noch vom Rost zusammengehaltenes Häufchen Elend, versteckte sich die Peking bei ihrer Ankunft vor drei Jahren in der kleinen, aber feinen Peters Werft an der Stör. Als stolze Viermastbark zeigte sie sich dem begeisterten Publikum, so als wolle sie um Applaus heischen. Und wenn ein solches Schiff eine Seele hat, sie muss einen Freudensprung gemacht haben, als sie in ihrem neuen Glanz an den Docks der Werft Blohm & Voss vorbeiglitt, wo sie das Licht der Welt erblickt hatte - ein musealer Leckerbissen

 

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Die Peking - Der Blick von Oben

Bildbetrachtungen von Christian Fürst

 

 

Sie zählt zu den schönsten, schnellsten und zuverlässigsten Frachtseglern, die je die Weltmeere befuhren. In Auftrag gegeben hatte sie die Hamburger Reederei Laeisz zusammen mit einer baugleichen Viermastbark, der Passat, die im Hafen von Travemünde liegt und als Schwesterschiff gilt. Christian Fürst konnte von der Aussichtsplattform der Elbphilharmonie verfolgen, wie die Peking im weiten Hafenbecken gedreht wurde, so als wolle sie sich noch ein Mal ihren Bewunderern von all ihren schönen Seiten zeigen. Danach wurde sie Heck voran an ihren Bestimmungsort gezogen wo sie noch etwa ein Jahr lang liegen wird, ohne besichtigt werden zu können.

 

 

Beschwerlich war der Weg, den Freunde, Bewunderer und ja, Verehrer, der Peking zurücklegen mussten, bis das Schiff nach sechzehn Jahre dauernden Verhandlungen durch den Verein "Peking-Freunde" freigekauft war, und die Gelder für den Transport, die Wiederherstellung, den Liegeplatz und die Anbindung an das Hamburger Hafenmuseum bereitgestellt werden konnten. In der Stiftung Hamburg Maritim wurden die Fäden gezogen doch ohne die unermüdliche Überzeugungsarbeit von zwei Hamburger Bundestagsabgeordneten der SPD und der CDU wäre nicht erreicht worden, was die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters aus Anlass der Heimkehr der Peking betonte: „Der Viermaster PEKING ist ein herausragendes Beispiel deutscher Schiffsbaukunst. Nach einer bewegten Geschichte auf den Weltmeeren und jahrelanger Restaurierung erstrahlt dieses Segelschiff jetzt wieder in alter Pracht. Den Restauratoren danke ich sehr für ihre höchst anspruchsvolle Arbeit in den vergangenen Jahren. Als Kulturstaatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist mir die Förderung der maritimen Kultur unseres Landes ein wichtiges Anliegen. Deshalb unterstütze ich aus meinem Kulturetat sowohl die Restaurierung der PEKING als auch die Errichtung des künftigen Deutschen Hafenmuseums mit insgesamt 185,5 Millionen Euro. Der Bund ist damit alleiniger Geldgeber für diese Projekte." (Hiervon wurden 38,5 Millionen Euro für die Peking verwendet. Anm.d.Verf.)

 

Und wie in der Politik nicht unüblich, aber nicht nur dort, hat auch hier der Sieg viele Väter: Peter Tschentscher. Hamburgs Erster Bürgermeister: „Mit der PEKING erhält Hamburg ein neues Wahrzeichen. In ihrer über 100-jährigen Geschichte hat die PEKING 34 Mal Kap Hoorn umrundet, zwei Weltkriege überstanden und mehr als 40 Jahre als Museumsschiff am Pier von Manhattan verbracht. Auf der Peters Werft hat sie sich in den prächtigen ‚Hamborger Veermaster‘ zurückverwandelt, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts für seine Schnelligkeit und Zuverlässigkeit bekannt war und der als eines der letzten Handelsschiffe unter Segeln den Atlantik bereiste. Allen, die sich mit Tatkraft und Ausdauer für die Rückkehr der PEKING in ihren Heimathafen und ihre Restaurierung eingesetzt haben, danke ich sehr herzlich.“ Damit scheint Hamburg nach der Einweihung der Elbphilharmonie und der Heimkehr der Peking innerhalb von weniger als zehn Jahren weltweit die Stadt mit der schnellsten Zuwachsrate von Wahrzeichen zu sein. Eine Inflation der Wahrzeichen sozusagen.

 

Carsten Brosda. Senator für Kultur und Medien der Hansestadt Hamburg: „Als wichtiges Ausstellungsstück des Deutschen Hafenmuseums wird die PEKING an ihrem künftigen Standort ein weithin sichtbares Wahrzeichen auch für den neuen Stadtteil am Grasbrook sein. Das Schiff steht für den globalisierten Handel, der auch vom Hamburger Hafen ausgehend die ganze Welt verändert hat. Das Deutsche Hafenmuseum wird mit der PEKING ein Ort sein, an dem wir den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen der Globalisierung nachspüren können.“

 

Claus Liesner, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Hamburg Maritim: „Für die Stiftung Hamburg Maritim war die Überführung der PEKING von New York nach Deutschland bis hin zum erfolgreichen Abschluss der Restaurierungsarbeiten auf der Peters Werft in Wewelsfleth ein zwar komplexes, aber reizvolles und spannendes Projekt. Wir sind sehr stolz auf das Ergebnis der dreijährigen Restaurierung und freuen uns, die PEKING am 7. September an ihrem vorläufigen Liegeplatz am Bremer Kai im Hansahafen zu begrüßen.“

 

Hans-Jörg Czech. Direktor und Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg: „Heute ist ein Tag für die Geschichtsbücher nicht nur der Freien und Hansestadt Hamburg: Nach fast genau 88 Jahren kehrt die Viermastbark PEKING in ihren Heimathafen zurück. Der frisch restaurierte Frachtsegler steht künftig mit seiner typischen Silhouette eines Hamborger Veermasters für die bedeutende Rolle der deutschen Überseehäfen und bildet somit das ideale Leitobjekt für das geplante Deutsche Hafenmuseum."

 

Man muss nicht unbedingt Seitenhiebe austeilen auf das Milliardengrab des Flughafens BerlinBrandenburg oder die explodierenden Kosten der Restaurierung der Gorch Fock, des Segelschulschiffes der Bundesmarine, um zu konstatieren, dass sich die nicht gewünschtem, insgeheim jedoch wohl erwarteten Kostensteigerungen beim Wiederaufbau der Peking innerhalb der Schmerzgrenze bewegten. Und wenn man die Kommentare zur Berichterstattung über das Hafenereignis des Jahres liest und hört, die zum Teil sehr bewegend sind, dann darf man vielleicht schreiben: es hat sich gelohnt. Oder wie ein Zuschauer es neben dem Autor beim Anblick der Peking formulierte: "Da tut mir kein Cent Steuergeld leid..." Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

          

 

Ausführlich und mit viel Sympathie für das wechselvolle Schicksal der Peking hat Christian Fürst für NewsAndMore berichtet:

Hier sein Bericht mit Dokumentation

http://newsandmore-mediaservice.de/pages/ch.-fuerst/alter-windjammer-wie-neu.php

Von Wewelsfleth nach Hamburg

Auf kleiner, letzter, Fahrt

 

Die Peking gegen 6h30min auf der Elbe vor dem Kehdinger Land

NewsAndMore dankt Karin & Harald Hoerner, Hamburg, für die Überlassung dieser Aufnahme.

 

Es galt sehr früh aufzustehen und sich warm anzuziehen, um die Peking zu erleben, wie sie gegen 6h 30min von der Werft aus durch das reichlich enge Sperrwerk der Stör geschleppt wurde, das nur etwa sieben Meter breiter ist als das Schiff. So eng ging es zu, dass die Rahen (das sind die waagerechten Stangen an denen die Segel befestigt werden) längs gestellt werden mussten, was in der Fachsprache "brassen" heißt. Zwei mächtige Schlepper erledigten die eigentliche Schwerstarbeit auf den folgenden etwa dreißig Kilometern bis nach Hamburg. Nach dreieinhalb Stunden Schlepperei wurde dann eine längere Verschnaufpause eingelegt, um immer bei Hochwasser unterwegs sein zu können. Keine Unbillen störten danach die Weiterfahrt. Das Wetter war bedeckt freundlich, der große Fluss blieb zahm und kein Wind drückte allzu wild auf das Schiff.

copyright Detlev Harnisch, Fotograf aus Blankenese/Hamburg.

Ihm sei gedankt für die Überlassung der Bilder aus Blankenese

 

       

 

Kurz vor 17 Uhr war es dann endlich so weit: Die Peking taucht vor Blankenese, dem pittoresken, ersten Stadtteil auf Hamburger Gebiet auf. Und wie bei solchen Gelegenheiten üblich, kündigten mächtige Fontänen aus den Löschrohren der Hafenfeuerwehr die Ankunft an - ein immer wieder schönes Bild. Und auch wenn die restriktive Handhabung von Genehmigungen für Begleitschiffe und -boote nur einen kleinen Bahnhof hergaben, wer sich freuen wollte konnte dies auch öffentlich zeigen. Und da geizten die vornehmen Blankeneser nicht mt Herzlichkeit. Und so wurde es, Corona zum Trotz, doch noch ein großer Tag für ein großartiges Schiff, der wohl nicht so schnell vergessen werden wird.

 

Hier einige weiterführende Informationsquellen:

http://www.stiftung-hamburg-maritim.de/