Schönheit an der Donau

 Wien an der Wien

 

 

 

Anfang der siebziger Jahre war ich erstmals in der Stadt unter dem Stephansdom - beruflich. Alles schien grau in grau und wenig einladend, länger als unbedingt nötig zu verweilen. 1996 lud mich Christian Fürst, damals Büroleiter der DPA in der österreichischen Hauptstadt, ein, Katze und Wohnung zu hüten. Was ich sah, war nicht die selbe Stadt, die ich kannte. Ein Facelifting hatte stattgefunden, das dem Aussehen nicht wie bei vielen Menschen den optischen Rest gegeben, sondern ein neue Blüte alter Schönheiten beschert hatte. Ich war tagelang auf den Beinen und wusste - es hat mich erwischt. Von den vielen schönen Städten auf der Welt, die ich gesehen habe, ist Wien eine der schönsten und vor allem der liebenswertesten - den grummelnden Wienern zum Trotz, denn grummeln kann ich selber. So habe ich in den vergangenen Jahren viele Wochen in Wien verbracht und es entwickelte sich eine kleine Liebschaft, von der einige Bilder Zeugnis ablegen können.

 

Eines der spannendsten Kapitel in der Neuzeit wurde zwar in Wien geschrieben, betraf aber ein Vorhaben außerhalb des damaligen Zentrums - den Bau des Zentralfriedhofs. Wer nicht nur Heroen der Musik wie L.v.B., Mozart, Schubert oder Brahms sondern auch den kleinen Helden wie Falco die Referenz erweisen möchte - hier ist er richtig. Mich zieht es in diesem riesigen Areal vor allem auf den israelitischen Teil, der trotz, oder auch gerade wegen seiner Verwilderung beredtes Zeugnis ablegt von jüdischer Friedhofskultur, mehr aber noch vom Leiden jüdischer Mitbürger in der Zeit, als der Unmensch regierte. Hier dominiert zwar das Gedenken an die Toten - doch nicht nur. Wer Glück hat, der macht die Bekanntschaft sehr lebendiger Zeitgenossen, mit Hase und Reh.

 

Einer der großen Söhne Wiens hat nicht nur die Sympathie seiner Umwelt gefunden. Der Kaiser mochte ihn ganz und gar nicht, was ihn vielleicht ehrt, Otto Wagner, den Meisterarchitekten der Wende vom 19ten zum 20sten Jahrhundert. Ohne seine Bauten, ohne seine stilbildenden Arbeiten wäre Wien um viele Juwelen städtischer Kultur ärmer. Von Profanbauten über Wohnhäuser und Villen bis zu wenigen Sakralbauten reichen seine Schöpfungen, die trotz strahlender Ästhetik den praxisbezogenen Wert und vor allem den Menschen nie aus den Augen verlor. Und so vergrub sich Otto Wagner bei der Errichtung einer Kirche, die er nicht zufällig auf dem Gelände einer Nervenheilkinik errichtete, in Detail und schuf einen hygienischen Weihwasserspender.