Harry Rowohlt ist tot

Harry Rowohlt ist nicht mehr

  Der Meister des Vortrags und der Kolumne, der Penner aus der Lindenstraße, der Autor und Übersetzer starb in Hamburg


 

Er trug einen markanten Namen und einen ebenso markanten Bart. Wo immer sich Harry Rowohlt sehen ließ oder gesichtet wurde, er war wiederzuerkennen. Wer seine Stimme auch nur ein einziges mal gehört hatte, erkannte sie wieder. Und wer das Glück hatte, einen seiner Lesevorträge besucht zu haben, wird Harry Rowohlt nie vergessen. 1945, im letzten Jahr des großen Krieges, wurde er im Herzen Hamburgs in der Hochallee, einer der besseren Adressen der Stadt geboren. Nur wenige Kilometer weiter im Norden verstarb Harry Rowohlt Anfang der Woche in Eppendorf in seiner Wohnung, die er in letzter Zeit kaum noch verlassen hatte, verlassen konnte. Seit fast zehn Jahre litt der Künstler mit dem ausgeprägten Hang zur Selbstinszenierung an einer seltenen Nervenkrankheit.

Rowohlt fühlte politisch und lebte politisch. Sein Millionenerbe trat er nicht an, sondern verkaufte den fast 50-prozentigen Anteil an dem berühmten Verlagshaus seines Vater. Dessen reale oder vermeintliche Verstrickungen mit dem Regime der Nazionalsozialisten und oder deren Gedankengut stießen ihn wohl ab und machten die Entscheidung zwingend und logisch. Harry Rowohlt begann Bücher zu übersetzen - für Erwachsene und für Kinder. "Pu der Bär" van A.A. Milne dürfte seine bekannteste, wenn vielleicht auch nicht die wichtigste und bedeutendste Arbeit in diesem Bereich sein. Wenn man sich die Liste der von ihm ins Deutsche übertragenen Werke ansieht, meint man, er müsse über all die Jahre einen 36-Stunden Tag gehabt haben. 

Als in Hamburg im Juni des Jahres 2012 der Aufstand gegen Rechts geprobt wurde, bekannte auch Harry Rowohlt Farbe. Sein Auftritt auf dem großen Platz vor dem Rathaus endete, kaum dass er begonnen hatte. Der Einstieg in die Zeit seiner jüngsten Kindheit in Hamburg gelang noch halbwegs, dann fing Rowohlt von vorne an und war bald sichtlich erschöpft, endete vor dem Ende. Vorboten des frühen Endes drei Jahre später....

 

 

 Texte und Fotos copyright Andreas Pawlouschek, nmms 2015