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1. Akt: Palestrina, der vielleicht berühmteste Komponist seiner Epoche, leidet nach dem Tod seiner Frau unter dem, was man heute "Burn-Out-Syndrom" nennen würde. Er kann und mag nicht mehr komponieren. In dieser Phase versucht der katholische Kardinal Carlo Borromeo ihn zur Komposition einer Messe zu überreden, mit deren Hilfe die völlig zerstrittene katholische Christenheit geeint werden und die durch ein päpstliches Dekret bedrohte Kirchenmusik gerettet werden soll. Doch Palestrina weigert sich. Erst, als ihn die Geister früherer Meisterkomponisten und letztlich auch der Geist seiner geliebten Frau erscheinen, um ihn zur Kompositon zu drängen, gibt Palestrina nach. In nur einer Nacht schafft er ein Meisterwerk, wird danach jedoch auf Befehl des Kardinals festgenommen.

Inzwischen (2. Akt) bricht bei einer Versammlung auf dem Konzil von Trient heftiger Streit zwischen einzelnen Kirchenfürsten aus. Pfitzners Oper macht überdeutlich, dass es den Weiß- oder Purpur-berockten Herren keinesfalls um das geistliche Wohl ihrer Glaubensschäfchen, sondern ausschließlich um den eigenen Genuss und die eigene Macht und Pfründe geht. Am Ende dieses Aktes kommt es zu Handgreiflichkeiten. Die Garde greift ein und erschießt einen geistlichen Würdenträger, der sich zuvor geprügelt hat.

Im Gegensatz zum langen zweiten Akt, in dem Palestrina zu einer Person am Rande degradiert, ist der dritte Akt der Oper wieder ganz dem Thema Künstler, Kunst und Kirche gewidmet. Palestrina ist wieder aus dem Gefängnis entlassen, seine Messe wurde aufgeführt und als Meisterwerk gepriesen. Angesichts des großen Erfolgs besucht Kardinal Borromeo den einsamen Komponisten, um sich bei ihm für das ihm angetane Unrecht zu entschuldigen. Palestrina nimmt letztlich die Entschuldigung an. Am Ende steht seine Aussöhnung mit der kirchlichen Authorität. Doch Palestrina bleibt allein zurück.

 


Palestrina

"Palestrina": Genie zwischen Kunst und Kirche - Premiere 5. Juni

von Christian Fürst, nmms

 

 

Fast zwei Jahrzehne lang wurde das Werk in Hamburg nicht mehr aufgeführt. Fast schon zu umfangreich ist es für eine Opernbühne, um es aus eigenen Mitteln inszenieren zu können. Nicht wenige Experten glauben auch, dass sein Komponist, Hans Pfitzner, der rücksichtslos mit den Nazis kollaborierte, heutzutage nicht mehr "politisch korrekt" sei. Doch nun kommt "Palestrina" in der Hamburger Staatsoper unter der Stabführung von Simone Young wieder auf die Bühne (5. Juni). Und bald darauf wird das Werk mit seinen Wagnerschen Ausmaßen dann auch wieder in der Bayerischen Staatsoper München zu sehen sein (wo es 2009 in der jetzt vorgestellten Inszenierung zuerst aufgeführt wurde). Auch hier dirigiert von Frau Young, wenngleich mit anderen Solisten.

"Palestrina", 1917 uraufgeführt, ist eine spätromantische Oper von viereinhalb Stunden Länge (einschließlich zweier Pausen). Die in sich eigentlich zwei-geteilte Oper schildert einen Konflikt zwischen dem italienischen Renaissance-Komponisten Giovanni Pierluigi da Palestrina und der katholischen Kirche in der uralten Frage nach der Unabhängigkeit des Genies. Gleichzeitig aber ist die Oper eine zynische, nicht selten derbe Satire auf den hemmungslosen Machtanspruch und -missbrauch der Kirche.

Eigentlich ist Pfitzners "Palestrina" eine reine Männeroper, auch wenn die Rollen des Palestrina-Sohnes Ighino und seines Schülers Silla von Frauen dargestellt werden. Musikalisch ist das opulente Werk ganz in Wagnerschen Klangwelten verwurzelt.

 

 Christian Fürst konnte auf der Generalprobe fotografieren:

 

Die Hamburger Inszenierung wurde von einem Mann besorgt, der sich in der Produktion von Mammutwerken bestens auskennt: Der aus Oberammergau stammende und dort für 3 Passionsspiele verantwortliche Regisseur Christian Stückl, der mit Hilfe beeindruckender schauspielerischer Leistungen seiner Sänger besonders gut die sarkastische Auseinandersetzung Pfitzners mit dem Machtmissbrauch der Kirche herausgearbeitet hat. Unterstützt wird dies durch beeindruckende Bühnenbilder und Kostüme von seinem ebenfalls aus Oberammergau stammenden Kollegen Stefan Hageneier, der sich nicht scheut, den Papst in einer Strechlimousine aus Karton vorfahren zu lassen. Ein faszinierend farbiges Bühnenbild. passend zum Klangrausch der Komposition!

Die für mich beeindruckendste Leistung, stimmlich und schauspielerisch, bot (zumindest bei der Generalprobe) Falk Struckmann als Kardinal Borromeo. Das Orchester der Hamburger Staatsoper unter Simone Young zeigte sich den Anforderungen des Mammutwerkes in jeder Phase gewachsen. Mich hat Pfitzners selten gespielte Oper durchaus beeindruckt.  Ob diese eigentlich zwei-geteilte Oper die berufsmäßigen kritiker und das Publikum überzeugen wird, bleibt abzuwarten.

 

Bild und Text copyright Christian Fürst 2011

 

Nähere Infos hier:

www.hamburgische-staatsoper.de/de/2_spielplan/index.php

www.bayerische.staatsoper.de