Ein schöner Schmetterling - Alexia Voulgaridous
Schöner Schmetterling - Alexia Voulgaridou begeistert als "Butterfly"
von Christian Fürst, nmms
Selten genug geschieht es, dass sich Theater- oder Opernkritiker so einig sind. Die Hamburger Staatsoper erlebte am Sonntagabend (11. November) einen dieser seltenen Momente. Als die griechische Sopranistin Alexia Voulgaridou am Ende des zweiten Aktes von Puccinis "Madame Butterfly" vor den geschlossenen Vorhang trat, wurde sie vom Publikum mit lautem Jubel überschwänglich gefeiert. Doch auch die professionellen "Nörgler" schwelgten später in den höchsten Tönen. "Sensationell" nannte das gewöhnlich eher harsche "Hamburger Abendblatt" in seiner Online-Ausgabe die Vorstellung der Griechin, und die Deutsche Presse-Agentur dpa sprach am Montag vom "Ereignis des Abends".
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In ihrem Rollendebut als die unglückselige japanische Geisha Cio-Cio San hatte die schöne Sängerin die Zuhörer zuvor mit ihrer wunderbar flexiblen und ungeheuer ausdrucksfähigen Stimme durch das gesamte Leidensspektrum der unglücklichen Liebe von "Butterfly" geführt und den Gesang durch eine schauspielerisches Können unterstützt, das bei Opernsängern höchst selten zu finden ist.
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Japanische Geisha als "Single mit Kind"
Voulgaridou zeigt in der Neuinszenierung von Regisseur Vincent Boussard zwei Gesichter. Im ersten Akt der Oper wird dem Zuschauer das traditionelle Japan mit seinen konservativen Wertvorstellungen vorgestellt. Das Japan prachtvoller Kimonos, aber auch brutaler gesellschaftlicher Zwänge, deren Opfer die hingebungsvolle "Butterfly" wird. Sie zahlt für ihre Beziehung mit dem lediglich auf ein Abenteuer hoffenden US-amerikaner Pinkerton mit dem Ausschluss aus der Gesellschaft und Isolation. Puccinis Musik unterstützt den Eindruck hier immer wieder durch fernöstliche Anklänge und gelegentliche Pentatonik.
Im zweiten Akt dann, der musikalisch ungleich dramatischer, weil "europäischer" klingt, hat sich die Geisha nach dem Regiekonzept Boussards äußerlich zu einer jungen, unabhängigen Frau gewandelt, die sich aber im Innersten nicht von ihrem einstigen Geliebten lösen konnte und zwischen Unabhängigkeit und bedingungsloser Liebe hin und hergerissen wird. Das von der Regie gezeichnete Bild der Konflikt-zerrissenen modernen allein-erziehenden Mutter (Butterfly hat ein Kind von Pinkerton) zeichnet Alexia Voulgaridou hier mit unübertrefflicher Präzision, ohne je die Grenzen zu überschreiten. In jeder Phase der dramatischen Entwicklung bleibt sie absolut glaubwürdig.
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Die Karriere der Alexia Voulgaridou
Alexia Voulgaridou wurde - wie Maria Callas - in Griechenland geboren und erhielt dort in Athen auch ihre Grundausbildung. Anschließend setzte sie ihr Gesangsstudium in München - unter anderem in Meisterklassen bei Astrid Varnay fort. In München begann auch ihre Karriere als Susanna in Mozarts Hochzeit des Figaro unter Colin Davis (1993). Von hier ging es mit der Karriere steil voran. Sophie im Rosenkavalier an der Münchner Staatsoper folgte, Violette in Traviata, Auftritte in Hannover, München, Darmstadt und Köln, Bei den Bregenzer Festspielen als Mimi (La Boheme), die sie anschließend in Genf und München sang. Es folgten Auftritte auf italienischen Bühnen, unter anderem unter der musikalischen Leitung Riccardo Mutis. Ersten Auftritten in den Amerikas folgte die Deutsche Oper Berlin, wo sie mit Jonas Kaufmann erfolgreich La Boheme aufführte. In Hamburg sang sie seither unter anderem die Blanche in Poulencs Dialog der Karmeliterinnen (unter Simone Young) und die Desdemona in Verdis Otello.
Trotz ihrer insgesamt glanzvollen, erfolgreichen Karriere hat Voulgaridou in der Öffentlichkeit nie die Popularität der um einige Jahre jüngeren Anna Netrebko oder anderer internationaler Gesangstars erreicht. Vielleicht sollte sie sich nach einer neuen PR-Agentur umsehen. Meine Email an das Wiener PR-Büro des Gesangsstars etwa kam "unzustellbar" zurück.
CF
"Großes Kino" auf der Opernbühne
Puccinis "Madame Butterfly"
Giacomo Puccini wurde 1900 in London mit dem Drama "Madame Butterfly" von David Belasco konfrontiert. Die Geschichte der Geisha, die sich in den US-Soldaten verliebt, der ihre Gefühle nur ausnutzt und sie verlässt, was sie letztlich in den Selbstmord treibt, reizte den Dramatiker Puccini ebenso, wie das fernöstliche Kolorit. Die Uraufführung fiel zunächgst durch. Seine überarbeitete Fassung wurde dann allerdings in Italien ein riesiger Erfolg. "Madame Butterfly" zählt zu den meist gespielten Opern weltweit.